Zu Besuch im „Führerhauptquartier“

Ich weiß gar nicht mehr, wann mir der Begriff „Wolfsschanze“ (polnisch: Wilczy Szaniec) zum ersten Mal untergekommen ist. Dabei klang das aber schon immer nicht martialisch, sondern einfach nur albern.

Die Idee dazu stammt von Hitler selbst, da er von Eva Braun wohl nicht Adolf oder Adi, sondern Wolf oder Wölflein genannt wurde. Nun ja.

Der Ort, wo nun Hitler und die Spitzen von Reichswehr (Feldmarschall Wilhelm Keitel, General Alfred Jodl) und Partei (Martin Bormann) den Krieg in der Sowjetunion steuerten, wurde mit Absicht ins tiefste Ostpreußen abseits aller Zivilisation gelegt.

Bunkeranlage in der Wolfsschanze

Gut getarnt

Unter höchster Geheimhaltung wurden hier zunächst Häuser und Bunker für die Führung und ihr Personal (insgesamt arbeiteten hier bis zu 1.500 Menschen) gebaut, die dann Stück für Stück weiter ausgebaut wurden. Vielfach wurden die Gebäude mit Stahl und Beton weiter ummantelt oder Bunker mit einer zweiten Bunkerschicht umhüllt. So entstanden Bunker mit bis zu acht Meter dicken Wänden und Decken.

Irgendein Bunker

Von den Alliierten wurde das mitten im Wald und mit je nach Jahreszeit wechselnden Tarnnetzen überspannte Hauptquartier offensichtlich nie gefunden.

Hier hat er sich versteckt

Was mir gar nicht so klar war: Hitler hat da ab Juni 1941 ständig gelebt und das Gelände nie verlassen. Erst am 20.11.1944, als die Front näher rückte, ist er nach Berlin evakuiert worden. Und hat von da an dort im „Führerbunker“ gehockt und rumgeschrien, bis er sich suizidiert hat.

Ein Pappkamerad – nicht im Bild: Tom Cruise

Wohl noch ziemlich neu ist eine sehr kleine Ausstellung zum gescheiterten Attentat auf Hitler am 20.7.1944 durch Oberst Claus Schenk von Stauffenberg. Dass da dann in dem nachgestellten Konferenzraum neben einem Hitler-Pappaufsteller auch Tom Cruise und er Rolle als Stauffenberg im Film „Operation Walküre“ steht, gibt dem ganzen eine gewisse Bizarrität.

Reste der Besprechungsbaracke, in der das Attentat stattfand

Muss man eine Führung mitmachen?

Ansonsten kann man sich das Gelände mit einer kleinen Lagekarte (einen kleinen Guide, um an dieser Stelle den Begriff „Führer“ zu vermeiden, gibt es für 20 Złoty am Kiosk) selbst erschließen. Vor den wichtigen Bunkern sind auch Infotafeln aufgestellt.

Apropos Bunker: So richtig viel gibt es nicht mehr zu sehen. Die Wehrmacht hat beim Rückzug im Januar 1945 versucht, alle Bunker zu sprengen. Das ist leidlich gelungen. Zu sehen sind nun halb gesprengte Bunker und die Reste von Funktionsgebäuden, wie Garagen und Kantinen, in und auf denen inzwischen Bäume wachsen.

Stöcke als Indikator für Neigungsbewegungen

Lohnt sich der Besuch in der Wolfsschanze?

Der Lonely Planet nennt die Wolfsschanze einen der „gespenstischsten Orte Polens“. Nun ja. 

Ganz ehrlich: Für die Wolfsschanze einen Umweg zu machen oder sie als großen Programmpunkt auf einer Rundreise einzuplanen, lohnt sich nicht. Es sind wirklich nur ein paar halb gesprengte Bunker, die von der Natur zurückerobert werden und im Innern komplett leer sind.

Das Betreten der Bunker ist natürlich verboten

Quick Facts

Eintritt: 15 Złoty
Öffnungszeiten: 8-20 Uhr

Eine eingleisige Bahnverbindung führte zur Wolfsschanze – so kam auch Mussolini viermal zu Besuch

Wie kommt man mit Bus und Bahn zur Wolfsschanze?

Es ist kompliziert. Der nächstgelegene Ort ist Kętrzyn. Dorthin kommt man mit dem Zug aus Danzig in etwa 4:45 Stunden.

Täglich fährt um 14:15 und 16:15 Uhr ein Bus vom Bahnhof in Kętrzyn bis zur Wolfsschanze. Ansonsten ist man auf ein Taxi (ca. 40 Złoty für eine einfache Fahrt) angewiesen.

Ein Fahrrad wäre für die neun Kilometer eine Alternative, meine Unterkunft konnte mir aber leider keines organisieren.

Da es auf dem Gelände der Wolfsschanze auch ein kleines Hotel gibt, könnte man mit der Bahn nach Kętrzyn anreisen, mit einem der Nachmittagsbusse zur Wolfsschanze fahren und dort übernachten. Morgens um 7:14 und 10:14 Uhr fahren die beiden einzigen Bussen des Tages zurück nach Kętrzyn zum Bahnhof.

Gebäudereste im Wald

Weitere Tipps

Auch in der Wolfsschanze empfiehlt sich im Hochsommer eine frühe Anreise. Ab 11 Uhr kommt es sogar zu Staus auf der kleinen Straße vor dem Kassengebäude und den Parkplätzen.

Auf der Rückseite des Kassenhäuschens gibt es für Individualreisende, die nur auf der Durchreise sind, mittelgroße Schließfächer.

Jede Menge Stahl und Beton

Essen & Trinken

Direkt vor Ort gibt es am Eingang des Geländes der Wolfsschanze zwei Restaurants.

Unterkunft

Vor Ort gibt es wie erwähnt ein kleines Hotel, was man nur laut Website der Wolfsschanze nur telefonisch buchen kann.

Zajazd pod Zamkiem (*)
Kleines Hotel mit liebevoll eingerichteten Zimmern, sowie Restaurant und Biergarten. Sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
3A Andrzeja Struga, Kętrzyn

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