Stadt der Orangenbäume
Was in Sevilla sofort auffällt sind die vielen Orangenbäume an den Straßen. Dort wo in anderen Städten langweilige Laubbäume stehen, finden sich in Sevilla diese Obstbäume, die der Stadt einen ganz besonderen Flair verleihen.
Je nach Quelle sind es zwischen 14.000 und 48.000 Orangenbäume, die im Dezember auch noch die Früchte tragen und den Winter so verschönern. Wie viele Bäume es genau sind, ist da egal – es einfach behauptet, dass Sevilla die Stadt mit den weltweit meisten Orangenbäumen ist.
Ich hatte keine genaue Vorstellung, was mich in Sevilla eigentlich erwartet und habe mich mal wieder einfach treiben lassen. Und ich wurde nicht enttäuscht. Sevilla ist einfach eine sehr schöne Stadt mit zahlreichen Sehenswürdigkeiten.
Die Top 10 der Sehenswürdigkeiten
Viele interessante Sehenswürdigkeiten habe ich bestimmt einfach übersehen – oder Dinge für langweilig angesehen, die für andere Besucher ihr Highlight von Sevilla sind.
Aber dies sind meine – wie immer völlig subjektiven – Highlights in Sevilla.
Top 1:
Die Plaza España
Die Plaza de España ist auf meinem Platz 1 der Sehenswürdigkeiten in Sevilla, weil ich von ihrem Anblick ziemlich umgehauen wurde. Fotos können die Dimensionen dieses Platzes und des ihn im Halbkreis umgebenen Gebäudes nur ansatzweise wiedergeben.
Erbaut wurde das 50.000 Quadratmeter große Ensemble in den 1920er Jahren für die Iberoamerikanische Weltausstellung 1929. Vier Brücken, die die alten spanischen Königreiche symbolisieren, führen über einen über 500 Meter langen Kanal (auf dem man mit Ruderbooten fahren kann), der um einen inneren Platz führt.
In einem 170 Meter großen Halbkreis ist die Plaza de España von einem Gebäude umgeben, das wiederum von zwei Türmen abgeschlossen wird. In einem offenen Bogengang kann man das heute von Regierungsbehörden genutzte Gebäude entlanggehen.
Aus jedem Winkel des Platzes wirkt das Gebäude enorm. Mit seinem Mix aus Jugendstil-, Neo-Barock-, Neo-Renaissance und Neo-Mudéjarstil mit viel Klinker, Marmor und Keramiken ist es eine unfassbar kühne und einmalige Architektur.
Kein Wunder also, dass der Platz schon als Filmkulisse für Filme wie Lawrence von Arabien, Star Wars (Episode II) oder Der Diktator diente.
Top 2:
Las Setas de Sevilla
Eine relativ neue Attraktion der Stadt sind die „Setas de Sevilla“, die Pilze von Sevilla, auf der Plaza Mayor. Dabei handelt es sich um eine – an aus dem Boden wachsende Pilze erinnernde – Konstruktion aus Stahl, Beton und vor allem Holz, die offiziell Metropol Parasol heißt.
Beim ersten Anblick war ich von diesem riesigen Sonnenschirm aus 3.500 je einen Quadratmeter großen Holzplatten nicht sonderlich beeindruckt. Es wirkte ziemlich unspektakulär, fast schon hässlich. Seine Wirkung entfaltet der Metropol Parasol erst nach und nach, wenn erkennt, wie feingliedrig das 1.300 Tonnen schwere und von 16 Millionen Schrauben und Nägeln zusammengehaltene Gebilde eigentlich ist.
Die „Pilze“ von unten Panorama-Rundgang auf den Setas de Sevilla
Mit einem Fahrstuhl kann man auf das Dach in 28 Meter Höhe fahren und hat von dort einen ziemlich guten Ausblick auf die Altstadt von Sevilla. Ein 250 Meter langer Weg führt dort über die wellenförmige Pilzoberfläche, die fast schon lebendig wirkt.
Die Setas de Sevilla sind aber nicht nur eine neue Touristenattraktion – und nebenbei die größte Holzstruktur der Welt -, sondern beherbergen im Erdgeschoss auch eine Markthalle, die die alten 1973 endgültig abgerissen Markthallen aus dem 19. Jahrhundert ersetzten.
Für Sevilla sind die Setas nun ein architektonisches Highlight. Die Anwohner und Hotels rund um den Platz dürften allerdings wenig begeistert gewesen sein, dass ihnen nun alle Besucher in die Fenster oder auf die vorher sichtgeschützte Dachterrasse schauen können.
Top 3:
Die Giralda
Die 104 Meter hohe Giralda ist der Glockenturm der Kathedrale von Sevilla. Und sie ist ein architektonischer Mix, der die Geschichte Sevillas widerspiegelt: Ursprünglich war der Turm das Minarett der Hauptmoschee, errichtet unter der Herrschaft der Almohaden Ende des 12. Jahrhunderts.
Nach der Rückeroberung Sevillas durch die spanischen Könige wurde aus dem Minarett ein Glockenturm, der im 16. Jahrhundert im Renaissance-Stil nochmal aufgestockt wurde.
Auf der Spitze des Turmes thront übrigens eine 3,50 Meter hohe Bronze-Statue, die Giraldillo genannt wird. Es handelt sich um eine Frau, die einen Palmenzweig in der einen und eine Fahnenstange mit Kriegsflagge in der anderen Hand hält. Die 1.300 Kilogramm schwere Figur dient als Wetterfahne. Vom Begriff Giraldillo leitet sich auch der Name des gesamten Turmes ab.
Eine Kopie der Figur, die Ende des 20. Jahrhunderts während Renovierungsarbeiten anstatt des Originals aus dem Jahr 1568 die Giralda zierte, steht vor dem Eingang der Kathedrale (s. Foto unten).
Eine Überraschung ergibt sich im „Treppenhaus“ der Giralda: Abgesehen von ein paar Stufen kurz vor der Aussichtsplattform gibt es hier keine Treppen. Die Legende besagt, dass der Muezzin das Minarett immer mit einem Pferd erklommen hat. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Baumaterialien über die noch heute erhaltenen Rampen im Turm nach oben transportiert wurden.
Top 4:
Der Alcazar
Tickets für den Alcázar, den mittelalterliche Königspalast von Sevilla (Reales Alcázares de Sevilla), sollte man sich unbedingt ein paar Tage vorher online sichern, um dann auch wirklich reinzukommen – man würde sonst wirklich etwas verpassen.
Vom eigentlichen Alcázar, dem maurischen Fort aus dem 10. Jahrhundert, ist wohl nicht viel übrig geblieben. Stattdessen wurde hier ergänzend zu einem muslimischen Palastteil aus dem 11. Jahrhundert unter den spanischen Königen ein Palast im Mudéjarstil errichtet, der Designelemente der Mauren aufgriff.
So erinnert der Alcázar de Sevilla mit seinen Innenhöfen, Bogengängen und reich verzierten Decken und Wänden ein bisschen an die Alhambra in Granada. Und ebenso wie bei der Alhambra gibt es auch hier eine große Gartenanlage – die als die Wassergärten von Dorne in der TV-Serie Game of Thrones eine Rolle spielten.
Sehr reichhaltige Verzierungen im Inneren Der Salón de Embajadores
Den Eintritt für eine Führung durch die königlichen Gemächer (Quarto Real) kann man sich meiner Meinung nach übrigens sparen. Die von der königlichen Familie bei ihren Besuchen in Sevilla privat genutzten Räume sind eh nicht zugänglich und in den repräsentativen (Empfangs-) Räumen gibt es außer jeder Menge Gemälde, Vasen, Möbeln und Uhren nichts Interessantes zu sehen.
Das rote Tor – Eingang zum Alcázar Im Patio de Las Muñecas Auch nett: Die Gärten des Alcázars
Top 5:
Kleine Plätze in der Altstadt
Sevilla hat mir wahrscheinlich auch deshalb so gut gefallen, weil man hier immer wieder kleine Plätze entdecken kann. Oft sind sie dann von Restaurants und Cafés mit ihren Tischen belegt, aber die eine oder andere Plaza besticht noch durch ihre Ruhe im Trubel der Großstadt.
Eine davon ist Plaza de Doña Elvira, die (natürlich) von Orangenbäumen umgeben ist und mit ein paar mit Kacheln verzierten Steinbänken zu einer kleinen Verschnaufpause geradezu einlädt.
Von der Plaza de Doña Elvira sind es nur zwei Minuten zur Plaza de la Alianza, die wiederum direkt um die Ecke des königlichen Palastes und der Kathedrale liegt. Hier geht es schon etwas hektischer zu, weil einfach viele Touristen vorbeiströmen, aber gerade am späten Nachmittag ergibt sich hier eine fast schon magische Stimmung.
Top 6:
Die Stierkampfarena
Die Stierkampfarena von Sevilla (offiziell: Plaza de toros de la Real Maestranza de Caballería de Sevilla) gilt als eine der schönsten ihrer Art in Spanien und wurde schon 1761 eröffnet.
Ursprünglich im spätbarocken Stil errichtet, wurden die Sitzreihen 1914 mit Ziegelsteinen gemauert. Von Ostern bis Ende September können hier bis zu 12.000 Zuschauer dem blutigen Spektakel beiwohnen. Nur zehn Stiere wurden in den letzten 250 Jahren begnadigt. Wie oft es für die Matadore tödlich ausging, weiß ich nicht, ihre Prämien werden aber immer vorab ausgezahlt.
Fun Fact: Im Laufe der Zeit hatte die Stierkampfarena zahlreiche illustre Besucher. Neben den spanischen Königen, für die es auch eine eigene Loge gibt, waren die österreichische Kaiserin Sissi, Orson Welles sowie Tom Cruise und Cameron Diaz, die hier Szenen des Films „Night and Day“ (2010) drehten.
Statue eines mir unbekannten Matadors Kleine Kapelle für die Toreros, bevor es zur Arbeit geht Vielleicht sollte man sich ein Sitzkissen mitbringen
Top 7:
Die Kathedrale von Sevilla
Die 1401 bis 1519 erbaute gotische Kathedrale von Sevilla ist nicht nur die größte Kirche Spaniens, sondern auch eine der größten Sakralbauten der Welt. Ihre Bauherren hatten angeblich den Anspruch eine so atemberaubende Kathedrale zu bauen, dass nachfolgende Generationen sie für verrückt erklären würden.
Mit einer Grundfläche von 145 mal 82 Metern und fünf Kirchenschiffen ist die Kathedrale dann auch ziemlich imposant. Vielleicht ist sie aber mit ihren aufwändigen Kapellen, der riesigen Orgel, den unzähligen Gemälden und den ausgestellten, zum Teil mehrere Meter hohen Monstranzen in silber und gold, schon wieder zu protzig, so dass sich mir ihr Reiz im Inneren nicht erschlossen hat.
Für mich war die Außenfassade – insbesondere am Hauptportal und im Orangenhof (Patio de los Naranjos) – viel beeindruckender.
Die Bauherren der Kathedrale wollten für verrückt gehalten werden… Die Weihnachtsgeschichte auf Glas
Top 8:
Markante Eckgebäude
Besonders mag ich ja Gebäude, die nicht unbedingt als Sehenswürdigkeit auf allen Stadtplänen eingezeichnet sind, sondern die man beim Umherschlendern entdeckt und sich fragt, was das wohl für ein Gebäude sein mag.
Dazu gehört das Edificio La Adriatica, das zwischen 1914 und 1922 für die Versicherungsgesellschaft La Adriática im Stil des Eklektizismus gebaut wurde. Kennzeichen dieses Stils: Elemente früherer Epochen werden aufgegriffen und innovativ und spielerisch neu kombiniert.
Heraus kommt dann so ein Gebäude, vor dem man staunend steht und sich fragt: Wer kommt denn auf so eine Idee? Gotisch anmutende Fenster, Marmorsäulen, umlaufende Balkone, Kacheln als Verzierung und dann als Abschluss eine Kuppel – ein ganz und gar ungewöhnliches Gebäude unweit der Kathedrale (Avenida de la Constitución).
Über das andere schöne Gebäude, über das ich „gestolpert“ bin, liegt nur wenige Schritt von den Segas de Sevilla entfernt an der Ecke Plaza Villasís und Calle Cuna. Im Erdgeschoss ist ein Grillrestaurant untergebracht, auf deren Website leider nichts zur Geschichte des Hauses zu finden ist.
Aber immerhin findet sich bei Wikipedia ein kleiner Hinweis zur Calle Cuna. Demnach wurde das Gebäude 1912 vom aus Sevilla stammenden Architekten Aníbal González Álvarez-Ossorio entworfen, dessen Bautätigkeit in Sevilla beeindruckend ist und zig Häuser umfasst.
Ganz nebenbei war er auch noch der leitende Architekt der Iberoamerikanischen Ausstellung 1929 und für den Bau der Gebäude an der Plaza de España verantwortlich.
Top 9:
Spaziergang am Guadalquivir
Diese Überschrift ist etwas irreführend. Denn eigentlich ist es kein Spaziergang am Fluss Guadalquivir, der von Sevilla bis zum 80 Kilometer entfernten Atlantik schiffbar ist, sondern am ehemaligen Flussbett, das heute nur noch ein sehr langes Hafenbecken ist. Der eigentliche Fluss wird seit ein paar Jahrzehnten (aus Überschwemmungs-schutzgründen) in einem begradigten Flussbett etwas weiter entfernt an der Altstadt vorbeigeführt.
Aber wenn man das nicht weiß und nicht bis zum Ende des Hafenbeckens im Norden läuft, hat man den Eindruck an einem netten Fluss entlangzulaufen. Hier gibt es genügend Möglichkeiten, sich am Ufer einfach hinzusetzen und mal auszuruhen.
Und wer noch eine Sehenswürdigkeit braucht, findet sie im Torre del Oro, dem Goldturm. Es handelt sich dabei um einen heute alleinstehenden Turm, der zu seiner Bauzeit im 13. Jahrhundert allerdings noch Teil der Stadtmauer war und ein Dach aus goldenen Ziegeln hatte, die ihm seinen Namen gaben.
Top 10:
Der Torre de los Perdigones
Auch der Turm auf Platz 10 meiner Sevilla-Highlights hat seine architektonische Umgebung verloren. Beim Bau 1885 war er Teil einer Schrotkugel-Fabrik, der “Fábrica de Perdigones”. Im 45 Meter hohen Torre de los Perdigones, also dem Turm der Schrotkugeln, wurde flüssiges Blei in Siebe gegossen. Durch die Fenster strömte Frischluft ein und dank der Schwerkraft fielen dann die Schrotkugeln wie Regentropfen aus den Sieben.
Wer möchte, kann die Aussicht von oben genießen. Wenn man aber den Rundgang auf den Setas de Sevilla gemacht hat, kann man sich das aber auch sparen, denke ich. Stattdessen lohnt es sich, diesen seltsam schmalen Turm einfach von unten zu bewundern.