Beobachtungen in der zweitheiligsten Stadt des Islam

Bis vor Kurzem war Medina (oder auch Madinah in der englischen Transkription) für Nicht-Moslems absolut „haram“, also verboten – so wie es Mekka nach wie vor ist.

Medina gilt nach Mekka als die zweitheiligste Stadt des Islam und gehört für Gläubige als Nebenziel quasi zum Pflichtprogramm einer Pilgerreise nach Mekka, sei es im Rahmen der großen Haddsch (die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahr stattfindet) oder der kleineren Umra.

Dementsprechend ist die Stadt voll mit Pilgerreisenden und bietet unzählige Großhotels, um diese auch zu beherbergen. Da aber auch sehr, sehr viele Pilgerreisende in großen Reisegruppen unterwegs sind, sollte man sich sein Hotel auf jeden Fall im Voraus buchen.

Darf man als Nicht-Muslim überhaupt nach Medina?

Wohl aus Rücksicht auf traditionelle Kreise in Saudi-Arabien gibt es keine offizielle Bekanntmachung, dass mittlerweile auch Nicht-Muslime nach Medina reisen dürfen. De facto gibt es aber keine Kontrollen und keine Probleme, nach Medina zu reisen und dort ein Hotelzimmer in der Innenstadt zu buchen.

Jede Menge Menschen auf einem Platz mit Moschee im Hintergrund
Jede Menge los in Medina: hier am Al Manakhah Square

Aus Rücksicht auf die Gläubigen habe ich allerdings nicht ausgetestet, ob man als Nicht-Moslem – so wie in anderen Ländern üblich – auch die Moscheen besuchen darf.

Für die Pilgerreisenden ist diese Fahrt nach Mekka und Medina meist das religiöse Highlight ihres Lebens, das sollte man als Tourist nicht durch im Wegherumstehen oder Fotografieren stören, finde ich.

Stau und Menschenmassen zwischen Baustellen
Medina – das ist auch Verkehrschaos

Was gibt es in Medina zu sehen?

Nur wenige Sehenswürdigkeiten

Ganz ehrlich: Aus rein touristischen Gesichtspunkten lohnt sich eine Reise nach Medina nicht. Die Prophetenmoschee kann bzw. sollte man sich nur von außen anschauen und der Rest der Stadt bietet für Nicht-Gläubige wenig Sehenswürdigkeiten.

Prophenmoschee mit Minaretten
Die Prophetenmoschee mit ihren 105 Meter hohen Minaretten

Die Prophetenmoschee

Die Prophetenmoschee (arabisch: al-Masdschid an-Nabawi) ist dem Propheten Mohammed gewidmet und befindet sich an der Stelle seines Wohnhauses und seiner Grabstätte.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde sie immer weiter ausgebaut und bietet derzeit je nach Schätzung 600.000 bis 1.000.000 Besuchern Platz.

Modell der Prophetenmoschee im Nationalmuseum in Riad
Modell der Prophetenmoschee im Nationalmuseum in Riad

Während sie zu Zeiten Mohammeds im Jahre 623 noch bescheidene Maße von 30 mal 35 Metern hatte, beträgt die Grundfläche nun 160.000 Quadratmeter. Und damit ist noch lange nicht Schluss: Im Osten entsteht gerade ein Erweiterungsbau, der die Kapazität auf 1,6 bis 2 Mio. Besucher erhöhen soll.

Hinzu kommen 143.000 Quadratmeter unter freiem Himmel, die von 250 riesigen, elektronisch gesteuerten Sonnenschirmen abgedeckt werden.

Aufgespannte Riesensonnenschirme auf dem Gelände der Prophetenmoschee
Riesige Sonnenschirme schützen die Pilgernden

Hop on Hop off-Bustour in Medina

Um ein bisschen was von der Stadt zu sehen, kann ich die 2-stündige Hop on Hop off-Bustour (alle 30 Minuten, Preis: 80 saudische Rial, ca. 19,70 Euro) sehr empfehlen, die vor dem Sofitel Hotel an der Abu Obaida Amer Bin Al-jaraah Street startet und an zwölf „Sehenswürdigkeiten“ in Medina hält: an verschiedenen Punkten rund um die Prophetenmoschee, an verschiedenen Schlachtfeldern des Propheten Mohammed, ein paar Moscheen und den größten Einkaufszentren der Stadt.

Moschee auf steinigem Brachland
Hier fand die Schlacht von Uhud statt

Ich bin einfach nur eine Runde mitgefahren, habe nicht den Drang verspürt, irgendwo aussteigen zu müssen. Der Audioguide zu dieser Tour ist auch auf deutsch erhältlich und nach spätestens einer halben Stunde setzt ein pawlowscher Reflex ein, die obligatorische Ergänzung „Friede sei mit ihm“ nach jeder Nennung „des Propheten“ (und er wird oft genannt!) mitzusprechen.

Große weiße Moschee
Die Masjid Quba Moschee

Neben Kaufempfehlungen für die örtlichen Datteln bekommt man auf der Tour auch einiges Interessantes über Medina und seine Geschichte zu hören. So sind auch deshalb so viele Hotels im Bau, da man mittelfristig die Zahl der jährlichen Besucher auf 15 Mio. steigern möchte – gesteuert durch Touristen- und vor allem Pilger-Visa.

Hotelbaustelle in Medina
Ein weiteres Hotel entsteht

Einfach durch Medina schlendern

Was für den nicht-religiösen Besucher den Reiz von Medina ausmacht, sich in aller Ruhe das geordnete Chaos der Pilgerreisen anzuschauen und die Aufregung der Pilgernden aus allen (muslimischen) Teilen der Welt auf sich wirken zu lassen.

Riesige Teppiche auf einem Platz vor der Moschee
Teppiche für Gebete und zum Ausruhen auf dem Platz vor der Prophetenmoschee

Die ganze Stadt scheint eine Baustelle zu sein. An vielen Ecken werden neue 12- bis 15-stöckige Hotelbauten in die Höhe gezogen. Dazwischen stauen sich die Reisebusse, die neue Besuchergruppen mit ihren Kofferbergen – gerne farblich nach Reisegruppen getrennt, damit keine Koffer verwechselt werden und im falschen Bus landen – vor den Hotels ausspucken und zu langen Wartezeiten am Check-in beitragen.

Medina lebt im Takt der Gebetszeiten: Während des Abendgebetes – in den Hotels werden die tagesaktuellen Gebetszeiten angezeigt – sind beispielsweise alle Läden und Restaurants geschlossen. Kurz vorher strömen Menschenmassen zur Prophetenmoschee und währenddessen ist die kurze Phase, in der die Innenstadt etwas zur Ruhe kommt.

Betende hinter einem Stern auf dem Gelände der Prophetenmoschee
Beim Abendgebet vor der Prophetenmoschee