Was sich in Riad (oder Riyadh) zu sehen lohnt

Bevor ich mich näher mit Riad (oder Riyadh in der englischen Fassung) beschäftigt habe, hatte ich keine konkrete Vorstellung davon, was mich dort eigentlich erwartet: Lohnt sich ein Besuch der Stadt überhaupt?

Mein Fazit nach der Reise: Ja, es lohnt sich, den An- und Abreisetag (sofern man in Riad ankommt) in der Stadt zu verbringen und sich dort ein wenig umzuschauen.

Aber ganz ehrlich: Die Natur- und Kultur-Sehenswürdigkeiten im Nordwesten Saudi-Arabiens (Hegra, Didan und Wadi Disah) oder auch im Südwesten (Rizal Alma und Al Habala) haben mich mehr beeindruckt – zu viel Zeit sollte man daher nicht in der saudischen Hauptstadt „verschwenden„.

Riad bei abendlicher Beleuchtung aus dem Flugzeug gesehen
Riad aus der Vogelperspektive

Warum klassisches Sightseeing in Riad schwierig ist

Riad ist keine Stadt für entspannte Spaziergänge. Hier leben sieben Millionen Einwohner auf fast 2.000 Quadratkilometern (mehr als zweimal so groß wie Berlin) – noch ohne Metro ist das ein ständiges Verkehrschaos.

Brachflächen und Bauruine eines Hochhauses in Riad
Raum für Neues

Und mein Eindruck ist: Diese Stadt ist im ständigen Wandel. Überall werden Gebäude abgerissen und durch neue ersetzt oder auf wüstenartigen Flächen zwischen den Stadtautobahnen neue Hochhäuser und Wohnviertel errichtet.

So wahnsinnig viele Sehenswürdigkeiten im klassischen Sinne gibt es nicht. Die Stadt hat keine Altstadt – sie ist schließlich erst in Folge des Erölbooms seit den 1940er Jahren zur heutigen Metropole gewachsen.

Blick vom Al Faisaliah Tower auf die Stadt
Riad so weit das Auge reicht

Die Top 8 der Sehenswürdigkeiten

Viele interessante Sehenswürdigkeiten habe ich bestimmt einfach übersehen – oder Dinge für langweilig angesehen, die für andere Besucher ihr Highlight von Riad sind.

Aber dies sind meine – wie immer völlig subjektivenHighlights in Riad.

Top 1:
Skybridge des Kingdom Centers

Der 302 Meter hohe, 2002 fertig gestellte, Turm des Kingdom Centers ist das architektonische Juwel von Riad und von vielen Orten in der Stadt natürlich schon von Weitem zu sehen. Seine Form erinnert ein bisschen an einem stehenden Flaschenöffner.

Tower des Kingdom Centers bei Tag von unten mit Palmen links und rechts im Bild
Tower des Kingdom Centers bei Tag

Richtig spektakulär ist der Anblick des dritthöchsten Turms der Welt mit einem „Loch“ in der Mitte abends, wenn der obere Teil abwechselnd in rot, blau, grün, weiß und gelb beleuchtet wird.

Gegen eine Eintrittsgebühr von 69 saudischen Rial (ca. 17 Euro) kann man mit zwei Anzügen bis ins 99. Stockwerk fahren und über die gebogene Skybridge von einer auf die andere Seite des Turms über dem „Loch“ laufen. Links und rechts befinden sich hohe nach außen geneigte Fensterfronten, so dass man einen hervorragenden Blick über fast die gesamte Stadt hat.

Blick auf eine Fensterfront der Skybridge im Kingdom Center
Auf der Skybridge in rund 300 Metern Höhe

Top 2:
Boulevard World

Ich hatte irgendwo auf Instagram ein Foto der durch Leuchtdioden zur Leinwand werdenden Kugel in der Boulevard World gesehen und wollte mir das vor Ort unbedingt „in echt“ ansehen.

Was mir nicht klar war: Dass der Besuch des Freizeitparks Boulevard World mit einigen Fahrgeschäften, unzähligen Restaurants und Nippes-Shops zu einem kulturellen Erlebnis werden würde.

Für die Saudis scheint der Besuch des Parks rund um einen 12 Hektar großen künstlichen See eine sehr beliebte Freizeitbeschäftigung mit Freunden oder der Familie zu sein. Selbst an einem Sonntagabend (also einem saudischen Wochentag) war es hier brechend voll.

Erst war ich etwas irritiert über die Nachbauten von echten oder fiktiven Gebäuden aus verschiedenen Städten aus aller Welt – aber dann habe ich an die Millionen von Besuchern im Hamburger Miniaturwunderland gedacht und fand das ganze Spektakel gleich viel weniger bizarr.

Die Besucher genießen hier auch einfach, durch die ganze Welt zu schlendern und vermeintlich lokale Speisen in den Restaurants (so wie Domino’s Pizza in „Italien“) oder den Imbissständen zu essen. Und wer mag, geht eben zwischendurch Achterbahn fahren, schaut sich musikalische Darbietungen an (beispielsweise auf der Piazza in „Mexiko“) oder erfreut sich – so wie ich – an der Freude der anderen.

Tickets für die Boulevard World (Öffnungszeiten: 17 bis 01 Uhr) gibt es ab 29 saudische Rial (ca. 7 Euro) über die App „webook.com“. Der Eintritt zu Fahrgeschäften und Rummelattraktionen kostet nochmals extra.

Nachbau typischer Häuser und des Eiffelturms in Paris
Paris in der Boulevard World

Top 3:
Dirʿiyya (oder auch: Diriyah)

Ein beliebtes Ausflugsziel scheint auch Dirʿiyya (oder in anderen Schreibweisen auch Diriyah oder Diriyya) am Stadtrand von Riad zu sein. Hier ist am Wadi Haifa die ehemalige Siedlung at-Turaif (oder auch Al Turaif), die nach ihrer Eroberung 1818 aufgegeben wurde und zunehmend verfiel, zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt und aufwendig restauriert worden. Sie ist jetzt so etwas wie ein Museumsdorf.

Die große Bedeutung für die Saudis ergibt sich auch daraus, dass Dirʿiyya als der Heimatort der heutigen Königsfamilie Al Saud aus dem 18. Jahrhundert gilt.

Menschen auf der Straße
Stadtspaziergang in Al Turaif

Die Häuser und Paläste waren (und sind es wieder) aus Stroh und Lehm im traditionellen sogenannten Najd-Stil mit Holzbalken und Palmwedeldächern gebaut. Dazu kommen jetzt noch ein paar Museen in ehemaligen Palästen, wie ein Militär- und ein Pferdemuseum.

Das ganze Gelände eignet sich gut für einen Besuch am späten Nachmittag, kurz vor Sonnenuntergang, wenn die Lehmbauten im warmen Licht besonders fotogen sind.

Mir kam das Ganze allerdings sehr leblos und künstlich vor – ein bisschen so wie in Dresden rund um die Frauenkirche.

Der Eingang nach at-Turaif erfolgt über die Bujairi Terrace mit zahlreichen Restaurants, einem Kinderkarussell und ein paar Shops. Der Eintritt (17 Uhr bis 3 Uhr nachts) kostet 50 SAR (ca. 12 Euro), man muss sich vorher auf dieser Website registrieren (und sei es online direkt vor dem Eingangstor).

Rundherum entsteht im Rahmen des Projekts Saudi Vision 2030 ein komplett neuer, angeblich nachhaltiger Stadtteil („City of Earth“) im Najd-Architekturstil mit Museen, Luxus-Hotels und -Restaurants. Die Kosten: 50 Milliarden US-Dollar. Die Eröffnung ist für 2027 geplant. Man rechnet mit jährlich 30 Millionen Besuchern. Ein bisschen Größenwahn gehört hier wohl dazu.

Blick auf das Al Turaif im Dunklen
Abendstimmung in Diriyah

Top 4:
Al Faisaliah Tower

Der Al Faisaliah Tower wurde im Jahr zwischen 1997 und 2000 als erster Wolkenkratzer Saudi-Arabiens zwischen King Fahd Road und Olaya Street gebaut und überblickt die seitdem entstandene Reihe mehrerer Skyscraper auf dieser mehr oder weniger Nord-Süd-Achse mitten in Riad.

Die Besonderheit des 267 Meter hohen Turms ist die goldene Kugel – bestehend aus 655 dreieckigen Glasscheiben – knapp unter der Spitze: Sie beinhaltet das Spitzenrestaurant „The Globe“ mit seinem 360-Grad-Blick über die Stadt.

Ansicht des Turms aus der Froschperspektive
Der Al Faisaliah Tower war der erste Wolkenkratzer Saudi-Arabiens

Wer nicht ganz so viel Geld wie für ein Essen in diesem Restaurant ausgeben möchte (Mindestverzehr pro Person: 350 saudische Rial, ca. 85 Euro), kann auch einfach die Aussichtsplattform „The Experience“ direkt unterhalb des Globe besuchen (Eintritt: 69 SAR, ca. 17 Euro).

Gute Fotos durch die nicht ganz sauberen über zwei Meter hohen Sicherheitsscheiben zu machen, ist zwar schwierig, aber der Ausblick ist hervorragend.

Und interessante Fotomotive ergeben sich durch die Spiegelungen in den Fenstern der goldenen Kugel.

Spiegelungen der Gebäude rund um den Turm
Die Stadt spiegelt sich in der goldenen Kugel

Top 5:
Nationalmuseum und Wasserturm

Ich war vom Nationalmuseum etwas enttäuscht.

Es bietet zwar eine sehr ausführliche Geschichte wie der Islam entstanden ist (mit sämtlichen Etappen der Lebensgeschichte des Propheten Mohammed) und wie er sich ausbreitete, die Ausstellung endet aber etwas abrupt mit der Staatsgründung Saudi-Arabiens im Jahr 1932.

Gepflasterter Vorplatz, dahinter der eingeschossige Eingangsbereich des Museums
Eingang zum Nationalmuseum

Man erfährt also rein gar nichts über die wirklich interessante Entwicklung seitdem oder das heutige Saudi-Arabien.

Was man noch so erfährt: Alles über Entstehung der Erde und der Schrift auf der arabischen Halbinsel (nicht uninteressant), ein bisschen etwas über archäologische Funde in Saudi-Arabien und es gibt Modelle der heiligen Stätten in Mekka und Medina zu sehen (durchaus interessant).

Die genauen Öffnungszeiten des Nationalmuseums finden sich hier.

Rund um das Nationalmuseum – auf dem Gelände eines ehemaligen Königspalastes – gibt es noch ein paar Forschungseinrichtungen und den Murabba Historical Palace mit weiteren Ausstellungen zu Kleidung und dekorativer Kunst.

Einen Steinwurf entfernt findet sich der 61 Meter hohe Wasserturm (Burj al-Khazzaan), der von seiner Fertigstellung 1971 bis 1981 das höchste Gebäude Saudi-Arabiens war.

Gebaut wurde er – nach einem Vorbild in Örebro – vom schwedischen Architekten Sune Lindström, der auch die Kuwait Water Towers entworfen hat. Der Turm hat ein Fassungsvermögen von über 12.000 Kubikmetern.

Gestreifter Wasserturm in der Form eines breiten Trichters
Ein Stück „altes“ Riad: der Wasserturm

Top 6:
Al Masmak Palast & Alsafat Square

Die archäologische Ausstellung im Al Masmak Palace Museum – gelegen in der ehemaligen Festung Masmak aus dem Jahr 1865 mit seinem Lehmsteinmauern und 18 Meter hohen Wachtürmen – gilt als Juwel, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Dazu kann ich nichts sagen. Als ich da war, waren die Türen verschlossen – auf unbestimmte Zeit. Genaueres über die Wiedereröffnung erfährt man vielleicht irgendwann auf der Website des saudischen Fremdenverkehrsamtes (die aktuell aber nicht auf die Schließung hinweisen).

Frontansicht eines ehemaligen Palastes mit Lehmmauern
Vor verschlossener Tür: Das Al Masmak Palace Museum

Ebenso wie die Festungsanlage der Al Sauds (die später durch diverse Feldzüge das Königreich Saudi-Arabien in seiner heutigen Form schufen) ist auch der davor liegende Alsafat-Platz und die nahegelegene Moschee renoviert und ziemlich herausgeputzt.

Ebenso wie in Dirʿiyya legt man hier offenbar sehr viel Wert darauf, das „historische“ Riad zu zeigen und erwartet hier mittel- bis langfristige Touristenströme.

Top 7:
Boulevard City

Nur ein paar Minuten Fußmarsch von der Boulevard World entfernt liegt die 2019 eröffnete Boulevard City – kein Freizeitpark-, sondern eine Art (hochpreisiger) Einkaufspark, der für viele Saudis in den (kühleren) Abendstunden aber offenbar trotzdem ein besonderes Freizeitvergnügen darstellt.

Unzählige Restaurants, ein Outdoor-Kino, Entertainment-Angebote wie Konzerte und Theatervorstellungen – alles bis vor wenigen Jahren in Saudi-Arabien undenkbar. Hier spürt man so etwas wie den Wind of Change.

Lichtshow projiziert auf ein Gebäude, davor Passanten und Zuschauer
Viele bunte Lichter

Top 8:
IKEA Riad

IKEA in Riad mag auf den ersten Blick vielleicht als Sehenswürdigkeit etwas seltsam erscheinen, aber ich habe festgestellt, dass man in den Ausstellungsräumen viel über die lokalen Vorlieben kennenlernen kann.

Warnschild an der Rolltreppe, die vor dem Einklemmen der Abaya warnt
Lokale Kleidungsgewohnheiten – lokale Warnschilder

In jedem IKEA weltweit werden die Wohnwelten offenbar immer an die Lebenswelten vor Ort angepasst. Das beginnt in Riad eben schon an der Rolltreppe mit einem Warnschild an Frauen, auf ihre langen Abayas zu achten, damit der Saum nicht eingeklemmt wird.

Ansonsten sind es die Kleinigkeiten, die aus schwedischem Design saudische Heime machen sollen: durch Fotos mit Menschen in traditionellen Gewändern, einem Blick in einen Frauenkleiderschrank, der verrät, dass zu Hause die Abaya keine Rolle spielt.

Dazu immer große Esstische, die Gastfreundschaft ausstrahlen und Sitzkissen auf dem Boden vor Tischen mit Tee- und Kaffeekannen und allerlei Tellern für Datteln und ähnlichem.

Ein IKEA-Besuch in Saudi-Arabien ist also vielleicht sogar ein bisschen ein Ethnologie-Grundkurs.

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