Porto lohnt sich
Alle Welt schwärmt von Lissabon – doch mir hat Porto viel besser gefallen.
Dabei kann ich noch nicht einmal sagen, woran das gelegen hat. Lissabon mochte ich ja auch sehr, aber Porto hat das gewisse Etwas. Vielleicht liegt es einfach am Douro, der die Stadt durchfließt und mit seinen Brücken und den Häusern am Ufer die Stadt stärker prägt als der Tejo Lissabon.
Wer übrigens noch auf der Suche nach einer hübschen und zentral gelegenen Unterkunft ist, dem empfehle ich das Republica 157 Guest House (*) an der Praça da República. Mein Zimmer hatte eine riesige Fensterfront zum kleinen Park auf dem Platz und wundervolle deckenhohe eingebaute Jugendstil (?)-Vitrinen.
Die Top 10 der Sehenswürdigkeiten
Viele interessante Sehenswürdigkeiten habe ich bestimmt einfach übersehen – oder Dinge für langweilig angesehen, die für andere Besucher ihr Highlight von Porto sind.
Aber dies sind meine – wie immer völlig subjektiven – Highlights in Porto.
Top 1:
Ponte Dom Luís I.
Ich hatte über Porto vor meinem Besuch nur ein bisschen gelesen, mir aber keine Fotos angeschaut – und so hat mich die, nach dem zur Bauzeit 1881 bis 1886, herrschenden König benannte Ponte Dom Luís I. ziemlich begeistert. Wenn man sich die Stadt vorher nur auf der nicht-topografischen Karte genähert hat, ist es eben eine totale Überraschung, plötzlich in 60 Meter Höhe über eine Brücke zu gehen.
Die schmiedeeiserne, 385 Meter lange Ponte Dom Luís I. verbindet auf zwei Ebenen die Altstadt von Porto mit dem Stadtteil Cais de Gaia. Die untere Ebene bleibt dabei den Fußgängern vorbehalten, die von einem Ufer zum anderen kommen wollen, die obere Ebene teilen sich die Metro-Züge und Fußgänger. Sie ist seit 2004 komplett für den Autoverkehr gesperrt.
Getragen wird die Brücke von ihrem Bogen in Fachwerk-Konstruktion, der dem Bau optisch eine unglaubliche Leichtigkeit und Eleganz verleiht. Gebaut wurde sie übrigens von Théophile Seyrig, einem ehemaligen Partner von Gustave Eiffel.
Auf der südlichen Ufer-Seite hat man von den Aussichtspunkten Miradouro da Ribeira und Miradouro da Serra do Pilar einen guten Blick auf die Brücke. Die malerischen Häuser an der Uferpromenade Cais da Ribeira fängt man fotografisch am besten von der Brücke selbst ein – aus der Höhe wirken sie fast ein bisschen unwirklich und wie ein Straßenzug aus dem Miniaturwunderland.
Top 2:
Cais da Ribeira
Die Altstadt von Porto gehört zusammen mit der Ponte Dom Luís I. seit 1996 zum Weltkulturerbe der UNESCO. Großen Anteil an dieser Ehre dürften die alten, sehr pittoresken Häuser direkt am Flussufer (auf portugiesisch: Ribeira) haben.
Sie wirken nicht nur aus der Entfernung von oben, sondern sind auch bei näherer Betrachtung faszinierend. Es sind oft sehr schmale, aneinander gebaute, mehrstöckige Häuser. Zum Teil mit Kacheln verziert, haben sie fast alle kleine Balkone mit schmiedeeisernen Geländern und zimmerhohen Fenstern und Türen – ein perfektes Foto- und Postkartenmotiv.
Die Erdgeschosse sind natürlich touristisch mit zahlreichen Restaurants und Weinbars erschlossen, aber das tut dem Charme dieser Straße keinen Abbruch.
Top 3:
Livraria Lello
Die Livraria Lello wird immer wieder zu den schönsten Buchhandlungen der Welt gezählt. Und auch wenn mich das Drumherum mit Eintrittskarten, vielen anderen Touristen (L’enfer, c’est les autres…) und einem bewusst „hochliterarischen“ Angebot eher gestört haben – der Laden ist schon sehr sehenswert.
Da sich hartnäckig das Gerücht hält, J.K. Rowlings hätte sich in ihrer Zeit als Englischlehrerin in Porto zu Beginn der 1990er Jahre von der Buchhandlung Lello zu den Treppen in Howards und der Zauberbuchandlung Flourish & Blotts inspirieren lassen, ist hier immer viel los. Um den Ansturm der Touristen zu bewältigen, hat die Buchhandlung vor einigen Jahren begonnen, Eintrittskarten zu verkaufen. Dieses Ticket (für derzeit fünf Euro) schon online zu kaufen, ist sehr empfehlenswert, um die langen Schlangen der spontanen Besucher zu umgehen.
Wenn man im Laden dann Bücher kauft, werden diese fünf Euro mit dem Kaufpreis verrechnet.
Es lohnt sich, vor dem Eintreten noch einen Blick auf die neogotische Fassade zu werfen. Das Highlights der Livraria Lello ist aber zweifelsohne die Inneneinrichtung.
Links und rechts an den Wänden stehen – Überraschung! – Bücherregale bis unter die Decke. Davor führen zum Teil noch die alten Schienen durch den Laden, auf denen die Bücher in Holzwagen zu ihrem Bestimmungsort gefahren werden konnten. Das Angebot der Buchhandlung umfasst vor allem portugiesische Literatur, Taschenbücher findet man nur vereinzelt. Eher sind da schon besondere Ausgaben hinter Gittern ausgestellt oder Erstausgaben von Klassikern der Weltliteratur zu bestaunen. Mal eben einen Thriller kaufen, um den Eintrittspreis wieder „reinzuholen“ – das ist hier nicht möglich.
Aufgang zum Obergeschoss Die Treppe von der anderen Seite Einfach hübsch: die Livraria Lello
Kinderbuchabteilung in der Livraria Lello Glasdecke in der Buchhandlung Man bekommt hier auch teure Erstausgaben
Aber es bleibt ja noch das Staunen über die Architektur. Der Verkaufsraum wird dominiert von der roten, gegabelten Holztreppe. Von vorne führt sie einspurig bis auf eine Zwischenebene und dann zweispurig ins Obergeschoss. Umrahmt werden Treppe und Obergeschoss durch verzierte Holzballustraden. Während das Untergeschoss von einer ebenso verzierten Holzdecke überdacht ist, dominiert im Obergeschoss das beeindruckende Buntglasdach.
Mit dem Motto „nur gucken, nichts kaufen“ kommt man also in der Livraria Lello auch ganz gut auf seine Kosten.
Top 4:
Torre dos Clérigos
Nur etwa 100 Meter von der Livraria Lello entfernt steht der Torre dos Clérigos, der Turm der Kleriker. Er ist der Kirchturm der Igreja dos Clérigos und wurde erst nach der barocken Kirche zwischen 1754 und 1763 gebaut. Der sechsstöckige Turm erinnert angeblich an toskanische Campaniles – diese Assoziation hatte ich allerdings nicht.
Seltsame Sammlung… … lauter Jesusse ohne Kreuz Der Weg auf den Turm ähnelt einer Schnitzeljagd
Mit gefällt einfach die grazile Bauweise – und die Schnitzeljagd durch die Kirche und ihre Gänge, um überhaupt in und auf den Turm zu kommen. Unterwegs führt der Weg unter anderem durch ein kleines Museum der Kirche, in dem zahlreiche Jesus-Figuren ohne die wohl ursprünglich dazugehörigen Kreuze ausgestellt sind – noch etwas verspannt nach der Auferstehung gewissermaßen.
Mit einer Höhe von 75,6 Metern (man muss ja genau sein) ist er von vielen Punkten der Stadt aus sichtbar (unter anderem oben auf dem Foto der Ponte Dom Luis I.) und bietet selbst natürlich einen guten Ausblick auf die Stadt.
Top 5:
Igreja do Carmo
Ebenfalls nur 150 Meter von der Livraria Lello entfernt (allerdings in der entgegengesetzten Richtung) steht die Igreja do Carmo (oder, wie sie mit vollem Namen heißt, die Igreja da Venerável Ordem Terceira de Nossa Senhora do Carmo). Der Name verrät es: Es ist eine Kirche des Karmeliterordens und wurde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts neben der schon im 17. Jahrhunderts gebauten Igreja dos Carmelitas errichtet.
Im Inneren wirkt die Igreja do Carmo mit ihren Ölgemälden und vergoldeten Schnitzereien im Barock- und Rokokostil etwas überladen, aber die Seitenfassade macht sie so besonders. 1912 wurden an der Ostfassade die für Portugal typischen blauen Kacheln, die Azulejos, angebracht, die großformatig von der Gründung des Karmeliterordens erzählen.
Top 6:
Bridgewalk – und andere Brücken
Ich bin ja ein großer Fan schöner Brücken – und da hat Porto neben der Ponte Dom Luís I. noch mehr zu bieten. Drei davon liegen etwas flussaufwärts und man kann sie alle mit einem kleinen Spaziergang am Südufer des Douro erkunden: Die 371 Meter lange Stahlbeton-Autobrücke Ponte Infante Dom Henrique fasziniert mit ihrem sehr flachen Bogen und ist (eingeweiht 2003) die jüngste Brücke Portos.
Schlichte Architektur: die Ponte Infante Dom Henrique Irgendwie war Gustave Eiffel auch an dieser Brücke beteiligt: Ponte D. Maria Pia
Die Ponte Maria Pia hingegen stammt schon aus dem Jahr 1877 und ähnelt mit ihrem schmiedeeisernen Fachwerkbogen der Ponte Dom Luís I. – kein Wunder, schließlich waren hier der Gustave Eiffel und Théophile Seyrig noch gemeinsam am Werk gewesen. Bei ihrer Eröffnung war sie mit einer Länge von 353 Metern und einer Höhe von 61 Metern die größte Bogenbrücke der Welt. Als einspurige Eisenbahnbrücke tat sie bis 1991 ihren Dienst, ehe die sehr nüchterne Ponte de São João (oben im rechten Bild im Hintergrund erkennbar) ihre Funktion übernahm.
Etwas abseits der anderen Brücken überspannt die Autobahnbrücke Ponte da Arrábida den Douro auf einer Länge von 270 Metern (Gesamtlänge 493 Meter). Sie ist die letzte Brücke vor der Flussmündung wurde 1963 in Dienst gestellt.
Die Besonderheit bei dieser Brücke, die man nicht zu Fuß überqueren darf, ist (ähnlich wie bei der Harbour-Bridge in Sydney) der hier angebotene Bridgeclimb. Der ist allerdings deutlich weniger spektakulär als in Australien. Statt des Blicks über den Hafen und das weltberühmte Opera House kann man von hier aus nur ungefähr in der Ferne die Altstadt von Porto und in der anderen Richtung den Atlantik erkennen.
Auch geht es hier nicht auf, sondern unter den Brückenbogen. Trotzdem ist der geführte Aufstieg ein Erlebnis. Zumal man oben mit einem Schluck Portwein aus einem Schokoladenbecherchen und Anekdoten zur Baugeschichte und der illegalen Nutzung als Partylocation des Jugend Portos belohnt wird.
Elegante Autobahnbrücke: Ponte da Arrábida Je weiter man nach oben kommt, desto niedriger werden die Stufen beim Bridgeclimb Viel Stahl und Beton – und doch sehr elegant
Top 7:
Eine lokale Spezialität – Franceshina
Eine kulinarische Spezialität in Porto ist das Sandwich Francesinha (zu deutsch: „kleine Französin“), über dessen Namensherkunft Unklarheit herrscht. Ziemlich klar ist: Man sollte davor mehrere Stunden nichts gegessen haben und viel Hunger mitbringen.
Gefühlt hat das Sandwich 10.000 Kalorien – objektive Schätzungen gehen von etwa 1.500 Kalorien aus. Ob da dann schon die Pommes als Beilage eingerechnet sind, weiß ich nicht. Das macht dann aber auch keinen großen Unterschied mehr.
Die Francesinha ist definitiv nichts für Weight Watcher: Das warm servierte Sandwich besteht aus Toastbrot, Kochschinken, Linguiça (einer geräucherten Schweinewurst), Beefsteak – ummantelt von Käse und gekrönt mit einem Ei. Dazu kommen die schon erwähnten Pommes und eine Soße aus Tomaten, Bier und Senf.
Ich habe keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, dieses Sandwich komplett zu essen – das fehlende Mittagessen dürfte geholfen haben -, aber schon beim Zurückdenken setzen wieder Sättigungsgefühle ein und meine Leber sendet SOS-Signale.
Eines der traditionellen Lokale, die sich ihrer Francesinha rühmen, ist das Café Santiago (Rua de Passos Manuel 226, Porto), das auf seiner Website auch Zubereitung und Zutaten vorstellt. Ein einmaliger Besuch sei ausdrücklich empfohlen.
Top 8:
Museum des FC Porto
Eine Sehenswürdigkeit für eher trübe Tage ist das Museum des Fußball-Clubs Porto im Estádio do Dragão. Wenn der Club nicht zufällig am selben Tag spielt, kann man das Stadion gleich mit besichtigen – bei meinem Besuch war das wegen des prestigeträchtigen „Classicos“ gegen Benfica Lissabon nicht möglich.
Was gibt es im Museum des 1893 gegründeten Vereins zu sehen?
Pokale. Sehr viele Pokale. Aber wenn man 29 mal portugiesischer Meister, 17 mal nationaler Pokalsieger und je zweimal Europa League- und Champions League-Sieger ist, kommt eben einiges an Trophäen zusammen.
Ansonsten ist das 2013 eröffnete Museum, das, was man von einem Vereinsmuseum erwarten kann: Die Vereinsgeschichte wird erzählt, verdiente Trainer, Präsidenten und natürlich Spieler werden ehrend vorgestellt und auf unzähligen Bildschirmen sind Spielszenen aus den letzten Jahrzehnten zu sehen.
Der Eingang zum Museum Erinnerungen an den Europapokalsieg 1987 Nachgebaute Umkleidekabine
Eher ungewöhnlich ist da der Bus, mit dem die Mannschaft nach dem letzten Europapokalsieg durch die Stadt gefahren wurde und eine kurze Vorstellung der anderen Sportsparten des Vereins und deren Erfolge.
Fazit: Für absolute Fußballfans sollte das Museum zum Pflichtprogramm in Porto gehören, alle anderen werden sich furchtbar langweilen.
Top 9:
Casa Escondida
Wie schon oben erwähnt, wurde die Igreja do Carmo direkt neben die Igreja dos Carmelitas gebaut. Wenn man direkt vor den Kirchen steht, erkennt vielleicht der mit Architekturstilen vertraute Betrachter, dass es sich um zwei und nicht um eine Kirche handelt. Dem flüchtigen Passanten erscheint es eher wie ein Gebäude.
Ganz offensichtlich wird die Zweiteilung übrigens beim Blick auf die Satellitenansicht bei Google Maps. Angeblich bestand im 18. Jahrhundert ein Verbot, zwei Kirchen direkt nebeneinander zu bauen – das halte ich allerdings für ziemlichen Blödsinn. Mir wäre nicht bekannt, dass das so wahnsinnig oft vorgekommen sein dürfte, dass man dafür extra ein Verbot ausgesprochen hätte. Anyway, der Legende zufolge wurde jedenfalls noch ein sehr schmales Haus zwischen die beiden Kirchen gebaut, um dieses Verbot elegant zu umgehen. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass so eine hässliche Baulücke vermieden werden sollte.
Wer schon nicht erkennt, dass es sich um zwei Kirchen handelt, wird das versteckte Haus dazwischen, die dreistöckige Casa Escondida, wahrscheinlich auch übersehen. Sie gilt als das schmalste Haus Portos (und möglicherweise Portugals) und kann besichtigt werden.
Von innen wirkt es dann doch erstaunlich geräumig, ist aber sehr spartanisch eingerichtet.
Platz für ein Schlafzimmer war auch Home Office im Versteckten Haus
Top 10:
Bahnhof São Bento
Von außen sieht der in der Altstadt von Porto gelegene Bahnhof São Bento gar nicht so spektakulär aus. Klar, es ist ein repräsentatives Gebäude, wie so viele europäische Bahnhöfe, die Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurden. Die zentrale Lage wurde durch die Säkularisierung und Verstaatlichung von Klöstern ermöglicht. Die hier stehende Kirche und das Kloster aus dem 16. Jahrhundert wurden kurzerhand abgerissen und Platz für den von 1900 bis 1916 erbauten Bahnhof geschaffen.
Beeindruckend und sehenswert ist eher die Eingangshalle des Bahnhofs: Auf 20.000 Azulejos hat der Maler Jorge Colaço die Geschichte der Stadt Porto mit diversen Schlachten und Belagerungen erzählt.
Es ist noch lange nicht 5 vor 12 Kachelbilder in der Bahnhofshalle