3-Tages-Seen-Tour in Schleswig-Holstein

Nachdem ich mir im letzten Herbst ein neues Gravelbike gekauft hatte – im Winter wegen einer Schulterverletzung damit aber nicht fahren konnte -, habe ich jetzt große Pläne für den Sommer. Ich habe mir in den Kopf gesetzt, im Juli einmal quer durch Deutschland zu fahren: von der dänischen Grenze bis nach Salzburg.

Dummerweise gibt es dabei ein Problem: Ich habe nicht so viel Zeit, um die gesamte Strecke zu schaffen – es sei denn, ich werde bis dahin auf wundersame Weise so fit, dass täglich 130 Kilometer mit Gepäck kein Problem mehr sind.

Fahrrad mit Packtaschen vor einem Rapsfeld
Vollgepackt mit guten Sachen – hinein ins Weekend-Feeling

Um dem Wunder zumindest ein bisschen auf die Sprünge zu helfen und um meine Ausrüstung einem Praxistest zu unterziehen, habe ich eine 3-Tages-Tour von Hamburg an den Ratzeburger See, den Kellersee und zurück nach Hamburg unternommen. 227 Kilometer – für echte Radsportenthusiasten und Bikepacker eher eine Tagestour, für mich als Anfänger aber doch eine Herausforderung.

Baum an einem Feld, davor ein Bank und Fahrradständer
Hier könnte man Pause machen – ich habe nur ein Foto gemacht

Etappe 1: Von Hamburg an den Ratzeburger See (64 Kilometer)

Erste Etappe an einem Freitagnachmittag – aber erst mal ein Regenband durchziehen lassen, so viel Zeit muss sein. Dann geht es quer durch die Stadt nach Stapelfeld. Aus der Stadt rauszukommen ist mit dem Rad immer etwas nervig, aber so lerne ich auch mal Ecken von Hamburg kennen, in denen ich sonst nie bin. Zum Beispiel Rahlstedt.

Gut, dass setze ich jetzt ebensowenig wie Stapelfeld auf meine Orte-die-ich-unbedingt-nochmal-näher-kennenlernen-muss-Liste, aber kurz danach beginnen die Feld- und Waldwege und ich kann das Fahren durch Rapsfelder genießen.

Der Raps blüht

Am Elbe-Lübeck-Kanal wird es dann sonniger, die dünne Windbreakerjacke werde ich aber anbehalten müssen, da es recht windig ist. Zu meinem Glück ist es aber Westwind, der mich eher anschiebt – was für die erste Etappe durchaus willkommen ist.

Kanal mit Kirche im Hintergrund
Die Kirche von Berkenthin am Elbe-Lübeck-Kanal

Spektakuläres gibt es unterwegs nicht zu sehen. Angesehen von einem Anstieg kurz vor dem Ratzeburger See (insgesamt gab es auf der Etappe knapp 400 Höhenmeter zu überwinden – geradezu alpine Verhältnisse für die Gegend) ist es erwartungsgemäß flach und dank Garmin-Navigationssystem kann ich problemlos der mit Komoot vorbereiteten Strecke folgen.

Blick über Lenker und Fahrrad-Navigationssystem auf einen Radweg
Ohne Navi bräuchte ich wahrscheinlich doppelt so lange

Am Campingplatz am Ratzeburger See (den ich aufgrund der Fotos der ordentlichen Duschräume ausgesucht habe – eine gute Wahl mit heißem Wasser) kann ich dann mein Zelt nach etwas Tüddeln zum zweiten Mal aufbauen (nach einem Probeaufbau in meinem Wohnzimmer).

Es ist wirklich klein, aber ausreichend, um mich und mein Zeugs unterzubringen. Die Luftmatratze ist okay, der Schlafsack gut – ich hatte nur das Pech, dass die Temperaturen nachts kühler waren als erwartet. Ich hatte den Schlafsack für höhere Temperaturen eingekauft…

Nach ein paar Fehlversuchen habe ich dann auch den Esbit-Würfel angezündet bekommen und mein mitgebrachtes, vorbereitetes „Fertiggericht“ in kochendem Wasser quellen lassen. Wahrscheinlich habe ich mich nicht hundertprozentig an die Rezepte von Kai Sackmann gehalten – daher war das Ganze zwar sehr nahrhaft, geschmacklich aber ausbaufähig.

Aber immerhin hatte ich alles dabei, was ich für Essen und Unterkunft beim Bikepacking brauchte – Etappe 1 war also ein voller Erfolg und das Etappenziel Ratzeburger See hatte sich mal wieder gelohnt.

Bootssteg mit Booten im Sonnenuntergangslicht
Abendstimmung am Ratzeburger See

Etappe 2: Vom Ratzeburger See an den Kellersee (75 Kilometer)

Nach einer Nacht mit sehr wenig Schlaf habe ich mich doch für die etwas längere Route über Travemünde nach Eutin entschieden – einfach, weil ich Lust aufs Radfahren hatte und auch mit dem zu erwartenden Gegenwind zurechtkommen wollte.

Baum am Straßenrand, im Hintergrund der See
Am Ratzeburger See auf dem Weg nach Lübeck

Und der Gegenwind kam. Allerdings erst gegen Ende der zweiten Etappe, die über Lübeck und Travemünde ein Stück an der Ostsee entlangführte, ehe es gegen den Wind landeinwärts nach Eutin ging.

Schön war es aber trotzdem – wenn man davon absieht, dass sich in so Ostseebädern immer ein Rentner findet, der einen auf angebliche Fußgängerzonen hinweisen muss.

Und wenn ich davon absehe, dass die vermeintlich nicht optimal eingestellte Schaltung völlig in Ordnung war und sich stattdessen die offenbar nicht ganz festgezogene Steckachse im Hinterrad Kilometer für Kilometer, Schaltvorgang für Schaltvorgang und Bremsung für Bremsung immer weiter gelöst hatte, bis die Kette irgendwann komplett blockierte. Da habe ich dann festgestellt, dass ich das Hinterrad spätestens bei der nächsten Abfahrt verloren hätte. Unangenehmer Sturz inklusive.

Aber es ist ja nochmal gutgefangen – und seitdem achte ich vor jeder Fahrt peinlich genau auf festgezogene Achsen.

Nach der dann doch anstrengenden Fahrt nach Eutin gab es dann Kuchen in Eutin und zum Abendessen ein weiteres Treckinggericht aus dem Topf – und die Erkenntnis, dass ich solche Gerichte nur noch als Notration mitnehmen werde für Abende, an denen ich nichts Besseres zu essen finde.

Blick über den Eutiner See auf das Schloss
Zwischenstop in Eutin

Der Campingplatz am Kellersee ist übrigens sehr schön. Hier gibt es auch Kochgeschirr und Wasserkocher – allerdings auch erstaunlich laute Camper.

Ich war mehrfach in Versuchung, nochmal aufzustehen und den mehr und mehr angetrunkenen Wohnmobilisten die stundenlang diskutierte Wahrscheinlichkeit, die nächste Karte beim Kartenspiel geraten zu haben, vorzurechnen. Allerdings hätte ich mir dann noch weitere Stunden anhören müssen, wie über den jungen Mann (Alter ist ja relativ) diskutiert wird, der ihnen plötzlich vorgerechnet hat, wie wahrscheinlich es war, besagte Spielkarte richtig zu raten.

Etappe 3: Vom Kellersee nach Hamburg (88 Kilometer)

Nach einer erneut zu kalten (naja, so habe ich wenigstens auch alle Kleidung angezogen, die ich dabei hatte) und eher schlaflosen Nacht habe ich mich dann – nach einem Kindergeburtstags- und Frühstücksstop in Eutin – auf den Heimweg nach Hamburg gemacht und unterwegs beschlossen, bei mehrtägigen Touren zumindest alle drei Tage in Hotels zu übernachten, um ausreichend Schlaf zu bekommen.

Idyllisches Grün mit kleinem Bach
Irgendwo am Oberlauf der Trave

Die 88 Kilometer der dritten Etappe waren ereignislos und bis zur Stadtgrenze von Hamburg ein angenehmes Fahren durch Felder und auf meist ordentlichen Radwegen.

Insofern hat diese dreitägige Bikepackingtour Lust auf mehr gemacht. Das Equipment hat sich bewährt (einen Tag später ist dann auch der neue Titantopf angekommen, der noch leichter ist), die Packanordnung in den Taschen war super – nur an der Gesamtfitness der Fahrers muss noch gearbeitet werden.

Radweg an an Feldern entlang
Zum Abschluss noch mal durch Rapsfelder