Am Eisfjord von Ilulissat
Von Qeqertarsuaq bin ich wieder mit einem Boot der Disko-Line abgereist, weiter nach Ilulissat. Der Ort – 250 Kilometer nördlich des Polarkreises gelegen – hat zwar nur rund 4.700 Einwohner, ist aber so etwas wie die inoffizielle touristische Hauptstadt Grönlands.
Hier wollte ich vor allem den berühmten 40 Kilometer langen und bis zu sieben Kilometer breiten Eisfjord (grönländisch: „Kangia“) sehen. Bis zu 700 Meter hohe Eisberge brechen vom Gletscher ab und treiben dann durch den Fjord langsam Richtung Meer.
Da am meerseitigen Ende des Fjords 200 Meter unter der Wasseroberfläche eine Moräne – also eine Barriere aus Felsen und Geröll – liegt, bleiben die ganz großen Eisberge hier hängen. Eisschollen und Eisberge stauen sich daher im Ford, dem man vor lauter Eis teilweise gar nicht ansieht, dass er ein Meeresarm ist.
Erst wenn die Riesen-Eisberge unter dem Druck des nachfolgenden Eises an der Moräne zerbrechen, können sie weiter aufs Meer hinaus treiben. Der Eisberg, auf den die Titanic auffuhr, soll aus eben diesem Eisfjord gekommen sein.
Von Ilulissat kann man zu Fuß zum Fjord laufen. Das lohnt sich (im Sommer) bei jeder Tages- und Nachtzeit. Der Anblick der sehr langsam treibenden Eisschollen und Eisberge ist einfach unfassbar beruhigend und beeindruckend.
Es gibt auch einen Rundwanderweg (die „Blaue Route“) von Ilulissat zum Fjord, etwas am Kangia entlang und dann zurück nach Ilulissat. Am Anfang ist das ein toller Weg, er endet dann aber auf einem zugemüllten Hundeplatz. Besser ist es, wenn man mehrfach einfach nur zum Eisfjord und etwas an ihm entlang wandert. Dieser Anblick verliert nie seinen Reiz.
Eisbergtour um Mitternacht
Da die Sonne zwischen dem 21. Mai und dem 24. Juli in Ilulissat nie untergeht, kann man in diesem Zeitraum auch nachts nicht nur auf eigene Faust zum Eisfjord wandern, sondern auch an geführten Touren teilnehmen.
So habe ich an der mitternächtlichen Bootsfahrt (Dauer, 2,5 Stunden, Kosten: 695 DKK, ca. 93 Euro) zu den Eisbergen am Eingang zum Eisfjord teilgenommen. Diese Fahrt ist so großartig, weil man hier die Eisberge nochmal aus nächster Nähe und im besonderen Licht der Mitternachtssonne sieht.
Nicht umsonst wird darauf hingewiesen, sich warm anzuziehen. Auch im Sommer wird es hier auf dem Boot nachts bitterkalt – ist ja auch irgendwie klar, so nahe an großen Eisflächen. Ich hatte alle meine Zwiebellook-Schichten an und war dankbar für den heißen Tee, der angeboten wurde.
Bootsausflug zum Eqi-Gletscher
Ohne so genau zu wissen, wo der Eqi-Gletscher eigentlich liegt (etwa 70 Kilometer nordöstlich von Ilulissat), habe ich auch eine Tagestour mit dem Schiff hierhin gebucht (Dauer: 10 Stunden, Kosten: 2.445 DKK, ca. 330 Euro).
Vor drei Jahren habe ich dafür noch 60 Euro weniger bezahlt, fand den Preis aber auch damals schon ziemlich happig. Und bis heute bin ich mir nicht sicher, ob ich diese Tour vollends empfehlen kann.
Die Fahrt geht an der Küste entlang, manchmal sieht man hier wohl auch Wale. Die Landschaft ist toll, die Fahrt dauert aber – je nach Eislage – bis zu fünf Stunden. Da kann man nicht die ganze Zeit nach draußen schauen, sondern macht schon mal ein Nickerchen.
Kurz vor dem Gletscher, der auch Eqip Sermia, „der kalbende Gletscher“ genannt wird, ist das Meer übersät mit Eisschollen und Eisbergen. Das Schiff hinterlässt hier immer eine gut sichtbare Fahrspur.
Am Gletscher hält das Schiff dann etwa zwei Stunden. Mit Glück kann man hier Zeuge des Entstehens von Eisbergen werden, wenn große Stücke und Flächen vom über as Wasser rangenden Gletschers abbrechen und der Gletscher „kalbt“. Das soll mit riesigem, donnergleichen Lärm verbunden sein.
An dieser Formulierung merkt man schon, ich hatte an dem Tag nicht das Glück, der Geburt eines Eisberges beizuwohnen. Stattdessen habe ich eben sehr lange auf eine große – bis zu 100 Meter hohe – Eiswand in einiger Entfernung geschaut. Die Schiffe halten hier immer mit dem Heck zum Gletscher, im im Notfall schnell wegfahren zu können, falls doch mal ein zu großer Eisberg abbricht und eine große Flutwelle auslöst.
Diese Eiswand des Gletschers ist auch so beeindruckend, keine Frage. Aber wenn nichts passiert, wird der Anblick auch irgendwann langweilig. Und auf einem Boot gibt es dann wenig Möglichkeiten, mal den Blickwinkel zu ändern.
Mehr Zeit am Gletscher kann man verbringen, wenn man dort übernachtet. Vom Boot aus sah das nach einer tollen Location aus. Das hat natürlich wieder seinen Preis: Die günstigsten Hütten gibt es pro Person ab 550 Euro pro Nacht.
Fazit: Ilulissat
Ilulissat gehört zum Pflichtprogramm einer Grönlandreise. Der Eisfjord – an dem ich übrigens kaum andere Touristen getroffen habe, auch wenn die organisierten Touren immer gut gebucht waren – ist allein die Reise wert.
Auch die mitternächtliche Bootsfahrt lohnt sich, weil hier die Eisberge aus dem Eisfjord nochmal vom Meer aus und zu dieser Zeit auch in einem anderen Licht zu sehen sind.
Und beim Eqi-Gletscher kommt es auf den eigenen Geldbeutel an. Wer nicht aufs Geld schauen muss, sollte die Tour mit Übernachtung buchen. Und alle anderen sollten sich die Fotos des Gletschers vorher anschauen und dann abwägen, ob dieser Anblick allein das Geld wert ist, wenn man das Pech hat, dass in den zwei Stunden am Gletscher gerade kein Eisberg abbricht.