Das Vermächtnis von Henri Nannen

Der ehemalige Stern-Chefredakteur Henri Nennen hatte sein Vermögen und etwa 650 Kunstwerke, die er bis dahin gesammelt hatte, in das 1986 eröffnete Museum in seiner Heimatstadt Emden eingebracht. Seitdem werden in der Kunsthalle abwechselnd immer wieder einige der 1.500 Werke zeitgenössischer Kunst ausgestellt und durch wechselnde Ausstellungen ergänzt.

Was gibt es in der Kunsthalle Emden zu sehen?

Ausstellung zur Provenienzforschung

Das war wirklich mal was anderes: Statt einfach nur Bilder aus der Sammlung der Kunsthalle auszustellen, findet dort aktuell eine Art Zwischenstandsbericht der eigenen Provenienzforschung statt.

Nachdem vor zehn Jahren in der Wohnung des Kunsthändler-Sohnes Cornelius Gurlitt über 1.200 Kunstwerke gefunden wurden, von denen einige im Verdacht standen, dass es sich dabei um NS-Raubkunst handelte, prüften Museen nochmal verstärkt ihren Fundus, ob die entsprechenden Werke eigentlich alle auf legalem Wege in ihren Bestand gekommen sind oder möglicherweise zwischen 1933 und 1945 den eigentlichen Besitzern „NS-verfolgungsbedingt entzogen“ wurden, wie es so unschön heißt.

In der Kunsthalle wird nun für einige ausgestellte Werk sehr detailreich aufgeführt, wie sich seit 1933 Besitzerwechsel vollzogen haben und wie die Werke ihren Weg nach Emden gefunden haben. In vielen Fällen konnte ein „NS-verfolgungsbedingter Entzug“ einwandfrei ausgeschlossen werden – die entsprechenden Bilder werden in der Ausstellung daher wie im Ampelsystem grün gekennzeichnet.

Ein paar Werke sind „gelb“ – bei ihnen muss die Besitzgeschichte noch weiter erforscht werden. Dabei muss nicht unbedingt ein illegaler Erwerb zu Zeiten des Nationalsozialismus dahinter stecken, manchmal ist einfach nur noch nicht so ganz klar, wer das Bild wann an wen weiterverkauft hat.

Quittungen, Werkverzeichnisse und ähnliches in einem Ausstellungskasten
Hintergrundinformationen, die der Kunsthalle zu Gemälden vorliegen

Besonders interessant fand ich in der Ausstellung die Schaukästen, in denen auch Karteikarten mit Informationen zu den Werken aus der Sammlung von Henri Nannen enthalten sind oder Kaufquittungen – immer schön ordentlich mit Mehrwertsteuer. Und was man als Museumsbesucher ja auch selten zu sehen bekommt: die Rückseiten der Gemälde, die manchmal zahlreiche Aufkleber enthalten, auf denen vermerkt ist, wann das jeweilige Werk in welchem Museum zeitweise ausgestellt wurde.

Zwei der Gemälde der Kunsthalle hatten im Rahmen der Provenienzforschung einen roten Vermerk bekommen, das heißt, hier mussten die rechtmäßigen Erben gefunden werden. In einem Fall wurde daher mit Gutachtern ein fairer Preis ermittelt und die Erben wurden entsprechend finanziell entschädigt, in einem anderen Fall stammte das Werk aus Museumsbesitz und gibt es dann wohl ein Agreement, dass das Werk in Emden bleiben kann.

Rückseite eines Gemäldes mit zahlreichen Aufklebern von Ausstellungen und Ausleihen
Auch mal ganz interessant: Die Rückseite von Gemälden mit Hinweisen auf Ausstellungen

Sonderausstellung „The State of Things“

Im Erdgeschoss werden noch bis zum 31. Oktober 2022 ein paar Werke der Niederländischen Künstlerin Sarah van Sonsbeeck unter dem Titel „The State of Things“ ausgestellt.

Dabei setzt sich die Künstlerin mit Gold und seinen verschiedenen Zustandsformen auseinander: als geschmolzener Barren, als Blätter in einem Rahmen oder als Netz unter der Decke hängend.

Kunstsinnigere Menschen als ich werden hier laut der Kunsthalle wohl „zu Reflexionen über Wert und Wertigkeit von Gold“ angeregt. Bei mir hat es nur zur Reflexion über den Wert und die Wertigkeit moderner Kunst gereicht. Aber das ist ja auch schon was.

Die Kunsthalle Emden erlaubt zwar Fotos für den privaten Gebrauch, warnt aber vor der Veröffentlichung aus Gründen des Urheberrechts. Daher verweise ich hier nur auf die Website der Künstlerin, um einen Eindruck ihrer Goldwerte zu bekommen.

Hinweisen der Wand auf die Sonderausstellung "Mythos Wald"
Eingang zur Sonderausstellung

Sonderausstellung „Mythos Wald“

Die zweite Sonderausstellung widmet sich dem Thema Wald. Dafür erfolgt erst eine kleine Einordnung der (kultur)geschichtlichen Bedeutung des Waldes in Deutschland von der Schlacht im Teutoburger Wald bis zum Umwelt- und Klimaschutz der Gegenwart.

Großflächige Gemälde, Fotoarbeiten und Installationen mit Wald- und Baummotiven sind dann zu sehen – durchaus interessant.

Aus urheberrechtlichen Gründen stelle ich auch hier keine Fotos ein. Einen Eindruck der ausgestellten Werk gibt es aber auf der Website der Kunsthalle Emden.

Für wen lohnt sich die Kunsthalle Emden?

Die Kunsthalle in Emden lohnt sich für alle, die sich für moderne und zeitgenössische Kunst interessieren und zufällig in der Gegend sind. Wenn man nicht gerade ein Kunstgeschichte-Aficionado ist und ein bestimmtes Bild oder Ausstellungsstück unbedingt im Original sehen muss, lohnt sich eine Extra-Anreise nach Emden eher nicht.

Auf der Durchreise beispielsweise zu den Ostfriesischen Inseln sollte man aber ruhig einen Zwischenstop in Emden einplanen. Ein kleiner Spaziergang durch die Altstadt bietet sich dann auch an.

Wieviel Zeit sollte man für die Besichtigung einplanen?

Eine bis anderthalb Stunden sollte man sich für die Besichtigung der Kunsthalle und ihrer Ausstellungen schon Zeit nehmen.

Quick Facts
Kunsthalle Emden

Anreise

Die Kunsthalle Emden liegt am nördlichen Rand der Altstadt von Emden (Hinter dem Rahmen 13, 26721 Emden) direkt am Emder Stadtgraben. Vom Bahnhof ist man etwa zu Fuß (650 Meter) knapp zehn Minuten unterwegs.

Emden liegt ja wirklich ein bisschen ab vom Schuss. Aus der Landeshauptstadt Hannover braucht man je nach Zugtyp zwischen 2:53 Stunden (IC) und 3:21 Stunden für eine Direktverbindung. Von Bremen ist man 1:45 Stunden unterwegs, von Münster gut zwei Stunden.

Öffnungszeiten

Das Museum ist Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Am Wochenende von 11 bis 17 Uhr. Montag ist also Ruhetag.

Eintritt

Der Eintritt kostet für Erwachsene 9 Euro (ermäßigt 7 Euro). Für Kinder und Jugendliche ist der Eintritt frei.

Hinweisschild an der Museumswand auf abschließbare Fahrradboxen
Gut zu wissen: Hier kann man Fahrräder sicher abstellen