Eine kleine Weltreise

Die Färöer sind ja wirklich recht klein. Da sind die 85 Kilometer von Tórshavn nach Kunoy im Nordosten der Färöer fast schon eine kleine Weltreise.

In Zukunft lässt sich diese Strecke auch schneller bewältigen – der Eysturoy-Tunnel zwischen Tórshavn und dem Süden der Insel Eysturoy soll im nächsten Jahr eröffnet werden. Fun Fact: Dies ist dann der einzige Unterseetunnel mit einem Kreisverkehr unter dem Meer.

Einzelnes haus an einem Berghang über dem Meer
Hier wohnt man, wenn man seine Ruhe haben will: Trøllanes

Buttercup-Route Oyggjarvegur

Auf dem Weg nach Kunoy wollte ich unbedingt die Buttercup-Route Oyggjarvegur nehmen. Diese soll landschaftlich sehr schön sein und unterwegs mit Norðradalur einen schönen Aussichtspunkt haben.

Blick auf ein Wolkenband über einem Fjord
Wolkig, vereinzelte mit Auflockerungen

Ich kann da nur auf Gerüchte und Reiseführer-Empfehlungen vertrauen. Bei tiefhängenden Wolken und Regen habe ich nicht viel gesehen und habe auf der einspurigen Bergstrecke dann auch irgendwann gewendet, weil man vom Berg aus nichts hätte sehen können.

Schafe auf der Straße
Auf den Färöer muss man immer mit tierischen Hindernissen rechnen

Also weiter nach Kunoy

Kunoy ist die einzig nennenswerte Siedlung auf der gleichnamigen Insel, die über einen Straßendamm mit der Nachbarinsel Borðoy verbunden ist. Nördlich des Ortes kommt dann auch nur noch unberührte Landschaft.

Blick auf das Dorf von der Landstraße oberhalb des Ortes
Regenmantel-Wetter in Kunoy

Kunoy gehört zu den Orten, bei denen ich mich gefragt habe, warum Menschen überhaupt auf die Idee gekommen sind, hier zu siedeln. Klar, der Fischfang wird der Grund gewesen sein. Aber erstaunlich ist es schon, dass sich solche Orten bis zum Anschluss an das Straßennetz gehalten haben und nicht schon längst aufgegeben wurden.

Die Fahrt hierher lohnt sich. Kunoy liegt pittoresk vor hohen Bergen am Fjord. Ansonsten gibt es hier das Färöer-typische zu sehen: Eine weiße Holzkirche, ein paar alte Häuser mit Grasdächern und Natursteinwänden – und viele Wolken. Da es auch hier kein Café gibt, geht es nach einem kurzen Spaziergang zurück in Richtung Klaksvík.

Kirche am Meer
Kirche am Meer – diesmal in Kunoy

Wieder durch den einspurigen Tunnel, der den Ort Kunoy mit der anderen Inselseite verbindet. Wie alle Tunnel auf den Färöer gibt es auch hier ausreichend Ausweichbuchten, aber im Dunkeln muss man sich erst daran gewöhnen, den Abstand zu entgegenkommenden Autos richtig einzuschätzen und nicht zu früh auszuscheren.

Stadtleben in Klaksvík

Klaksvík ist mit 4.800 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Färöer. Zu sehen gibt es hier nicht wahnsinnig viel, aber immerhin gibt es ein nettes Café, in dem man die Zeit bis zur nächsten Fähre nach Kalsoy gut überbrücken kann. Ansonsten kann man ein bisschen am Hafen spazieren gehen und beim wegen Corona noch geschlossenen Museum der Nordinseln durch die Fenster hineinschauen.

Rechts ein Haus mit Grasdach und Natursteinmauer im Anschnitt, daneben die Bucht mit Hafen
Am Hafen in Klaksvík

Auf Überfahrt nach Kalsoy kommt dann endlich mal die Sonne raus und bringt die Inseln mit den formschönen Bergen so richtig zur Geltung.

Inseln vom Meer aus mit faszinierendem Zusammenspiel von Sonne und Wolken
Sonne und Wolken

Die Robbenfrau von Mikladalur

Auf Kalsoy ist die Robbenfrau in Mikladalur die größte Attraktion. Die Kópakonan genannte Statue geht auf eine etwas längere Legende zurück, die hier nachzulesen ist.

Bronzestatur der Robbenfrau, darüber eine Möwe im Flug, dahinter das Meer und die Klippen von Kalsoy
Hatte keine Wechselklamotten dabei: Die Robbenfrau

Die Kurzfassung: Man dachte angeblich früher, dass Robben Menschen sind, die den Suizid im Meer gesucht haben und nun einmal im Jahr, in der Dreikönigsnacht, an Land zurückkommen, ihr Robbenfell ausziehen und wieder in Menschengestalt feiern können.

Und die Legende um die Robbenfrau in Mikladalur besagt, dass ein Mann aus dem Ort ihr Robbenfell versteckte und sie daher nicht mehr zurück konnte und stattdessen mit ihm zusammenleben musste.

Weitere Holzhäuser, im Hintergrund das Meer
Hier wohnen die verfluchten Männer

Die Geschichte geht natürlich nicht gut aus. Sie kann zwar irgendwann entkommen, aber der Menschenmann tötet – trotz ihrer Warnung im Traum – zusammen mit anderen Dorfbewohnern ihren Robbenmann und die Robbenkinder. Sie verflucht daraufhin alle Männer von Mikladalur. Von ihnen müssten so viele auf See sterben oder von den Klippen fallen, bis sie sich an den Händen haltend einmal die Insel umrunden können. Tja, und so ein Zufall: Es kommen immer wieder Männer auf See oder bei Klippenstürzen ums Leben.

Ich hatte das Glück, die Dame bei guter Laune und zwischen den Wolken durchbrechenden Sonnenstrahlen anzutreffen.

Kleines Gebäude mit Mühlrad am Bach
Alte Mühle in Mikladalur

Trøllanes: Einfach nur gucken

Blick über Felsen auf die Nachbarinsel
Das da drüben ist Kunoy

Hinter den Bergen liegt dann – wieder durch eine Tunnelfahrt erreichbar – noch das Örtchen Trøllanes. Es beeindruckt durch sein wildes Ufer, bei dem eine in die Felsen geschlagene Treppe zum Meer hinunter führt und man einen guten Blick hinüber nach Kunoy mit seinen Klippen hat. Außerdem gibt es einen – natürlich nur kleinen – Friedhof: Hier gibt es keine Grabsteine, sondern allenfalls kleine Platten, die auf den hügelartigen Gräbern platziert werden.

Ein weißes Haus
Das Weiße Haus von Trøllanes

Von Trøllanes aus kann man auch noch bis zum Leuchtturm an der Nordspitze von Kalsoy wandern. Dafür hätte ich aber deutlich mehr Zeit mitbringen müssen. Der Aufstieg über den Berg sah auch recht anstrengend aus und ich musste unbedingt noch die Fähre zurück nach Klaksvík bekommen, um die Nacht in Norðdepil auf Borðoy zu verbringen.

Blick von hinten auf Autos auf der Fähre
Ich stand vorne in der Pole Position