Die unbekannte Stadt

Zu Brünn (tschechisch: Brno) wäre mir vor meinem Besuch beim besten Willen nichts eingefallen. Klar, die Stadt – mit 380.000 Einwohnern immerhin die zweitgrößte Tschechiens – war mir dem Namen nach bekannt, aber was gibt es dort zu sehen?

Gebäude aus dem 19. Jahrhundert mit vielen Säulen
Das Stadttheater von Brünn

Also bin ich für zwei Tage hingefahren und habe mich umgeschaut.

Der erste Eindruck ist gut: Es gibt viele alte Gebäude, aber auch Modernes und eine lebendige Innenstadt, von der aus auch die Sehenswürdigkeiten fußläufig erreichbar sind. Brünn ist seit Jahrhunderten das Zentrum Mährens und beheimatet heute sämtliche höheren Gerichte Tschechiens.

Wo liegt Brünn nochmal?

Brünn liegt etwa 200 Kilometer südöstlich von Prag.

Die Highlights von Brünn

Festung Spielberg

Die Festung Spielberg (tschechisch: Špilberk) liegt erwartungsgemäß etwas oberhalb der Altstadt. Hier bekommt man eine mehr oder weniger interessante Ausstellung zur Geschichte der Festung und der Stadt zu sehen. Vor allem Dinge, die man sofort wieder vergisst.

Tor und Mauer der Festung
Tor zur Festung

Für mich war die Ausstellung zur Architektur der 20er Jahre in Brünn viel spannender. Ein paar der Gebäude habe ich mir später in der Stadt noch angeschaut, aber seitdem wurde an ihnen meist schon baulich viel verändert, so dass der Reiz der funktionalen Architektur vielfach nicht mehr erkennbar war.

Blick auf ein Modell und mehrere Infotafel an den Wänden
Ausstellung zur Architektur der 20er Jahre

Den Aufstieg auf den Aussichtsturm kann man sich auch sparen. Stattdessen kann man an einer Führung in das ehemalige Wassererservoir der Festung teilnehmen. Hier bekommt man zum einen einen guten Blick auf die Stadt geboten, zum anderen sind in der unterirdischen Halle eine Vielzahl an Grabsteinen und Schmucksteinen aus abgerissenen Kirchen und Häusern der Stadt ausgestellt.

Ich hatte vorher von der barocken Apotheke in Brünn gelesen, war dann aber etwas enttäuscht, dass es sich hierbei lediglich um ein paar Schränke und Einrichtungsgegenstände handelte, die im gleichen Raum wie der Ticketschalter der Festung Spielberg untergebracht sind.

Blick auf Schränke, Waagen und einen Torso aus Holz
Die Barocke Apotheke

Freiheitsplatz

Der Freiheitsplatz (Náměstí Svobody) ist einer der größten Plätze der Stadt. Gesäumt von zahlreichen alten Häusern, Außenflächen von Restaurants und Markthäuschen ist er zu jeder Tageszeit belebt.

Freiheitsplatz mit der Zeitmaschine
Freiheitsplatz mit der Zeitmaschine

Wie ein außerirdisches Objekt erscheint die sogenannte Zeitmaschine in Form eines sechs Meter hohen Menhirs, also ein hinkelsteinförmiges Gebilde, aus Granit. Mit Hilfe einer Anleitung auf einer Infotafel kann man hier mit etwas Mühe auch die aktuelle Uhrzeit ablesen.

Täglich um elf Uhr kann man hier mit sehr, sehr viel Glück eine Glasmurmel als Souvenir ergattern. Dafür muss man aber früh genug da sein und eine der vier Öffnungen besetzen. Um exakt elf Uhr rollt die Kugel dann auf einer Bahn im Inneren der Zeitmaschine herunter und ein Glücklicher bekommt sie. Ich durfte immerhin zuschauen.

Die Uhrzeit der Kugelfahrt ist bewusst gewählt. Es gibt nämlich die Legende, dass die schwedischen Belagerer der Stadt im 30-Jährigen-Krieg den Anzug ihrer Truppen für 12 Uhr geplant hatten, sofern ihnen nicht in letzter Minute noch irgendwie die Eroberung gelingen sollte. Um den Abzug zu beschleunigen, kamen die Bewohner auf die Idee, die Kirchenglocken schon um 11 Uhr mit den Mittagsglocken zu läuten – und angeblich seien die Schweden auf dieses Manöver hereingefallen.

Haus der Herren von Leipa
Haus der Herren von Leipa

Ansonsten ist auf dem Freiheitsplatz noch das Haus der Herren von Leipa (Dům pánů z Lipé) im Renaissancestil und der Fassade mit mythologischen und biblischen Szenen sehenswert. 

Villa Tugendhat

Die Villa Tugendhat liegt etwas abseits, aber noch in Laufreichweite der Innenstadt. Sie wurde von Mies van der Rohe entworfen und von Fritz und Grete Tugendhat 1929 als Familienvilla erbaut.

Weiße Villa mit Garten
Die Villa Tugendhat

Für eine Führung im Inneren hätte man sich vorher anmelden müssen, mir blieb so nur die Möglichkeit, ein Ticket für den Garten zu erwerben und die Villa zumindest von außen zu sehen.

Ich mag ja auch den Deutschen Pavillon, den Mies van der Rohe zur Weltausstellung 1929 in Barcelona gebaut hat. Das gleiche Grundprinzip mit großen Fensterfronten und flexibler Innenraumgestaltung findet sich auch in der Villa Tugendhat wieder, deren Lage am Hang die großen Fensterfronten richtig zur Geltung bringt.

Seitenansicht der Villa
Seitenansicht der Villa

Kapuzinergruft

In der Gruft habe ich nur ein Foto gemacht, obwohl es vielleicht sogar erlaubt gewesen wäre. Aber es handelt sich hier eben um eine Grabstätte und es wäre mir pietätlos vorgekommen, die Überreste der Toten zu fotografieren.

Blick in einen Gang
In der Kapuzinergruft

Die sahen – dafür, dass sie zum Teil schon seit Jahrhunderten tot waren – noch recht gut aus. Die Gruft ist gut gelüftet, so dass hier bei den Verstorbenen eine natürliche Mumifizierung stattfand. Vor allem Kapuzinermönche, aber auch Wohltäter des Ordens, sind hier bestattet.

Besonders eindrucksvoll: Die gemeinsame letzte Ruhestätte der Mönche. Sie wurden nur in ihren Kutten beigesetzt. Wobei das heißt, mit zwei Backsteinen unter den Kopf auf dem Steinboden zu liegen. Aber ich schätze mal, darüber hat sich nie jemand beklagt. 

Es sieht schon etwas merkwürdig aus, wie sie da so mumifiziert liegen und einen mit eingefallenem Mund anzuschauen scheinen. Einer klammert sich an ein hölzernes Kreuz, das ihm für 50 Jahre „Mitgliedschaft“ im Orden mitgegeben wurde. Anderen fehlt schon mal ein Fuß. Da mag man auch nicht so wirklich drüber nachdenken, wie der verloren gegangen sein könnte.

Mit dabei ist auf einem Altar eine gewisse Clementine, deren Skelett wohl aus dem 5. Jahrhundert aus den Katakomben in Rom stammt. Im Mittelalter wurden solche Leichname gerne wie Reliquien – es hätte ja eine Märtyrerin sein können – an Kirchen in ganz Europa verschenkt. In Brünn fand man es dann in den 1950er Jahren nicht mehr so angebracht, die Dame in ihrem durchsichtigen Kleidchen in der Kirche auszustellen. Also wurde sie in den Keller abgeschoben.

Teilansicht der Kathedrale
Eine Kathedrale gibt es natürlich auch noch

Lohnt sich ein Besuch in Brünn?

Hier gilt das Gleiche wie in Olmützwenn man viel Zeit hat, lohnt es sich, auf einer Tschechien-Rundreise hier Zwischenstation zu machen, weil man so eine tschechische Großstadt kennenlernt, die nicht Prag ist. Man kann aber auch beruhigt weiterleben, wenn man Brünn nicht gesehen hat.

Geschäftshäuser mit abblätternder Farbe
Der Lack ist manchmal noch ab

Cafés & Restaurants in Brünn

Lokál U Caipla
Brauerei-Restaurant mit v.a. lokaler Küche – und Bier. Bin mit nur einem kleinen Bier wahrscheinlich negativ aufgefallen.
Kozí 115/3, Brünn

Jean Paul’s Bistro
Guter Mittagstisch mitten in der Stadt.
Zelný trh 376, Brünn

Burger
Burger, Hotdogs, Pommes direkt am Svobody-Platz.
Nam. Svobody 8, Brünn

Liberty Café
Kaffee und Kuchen auf Außenterrasse.
Radnická 378, Brünn

Marktstände im Vordergrund, im Hintergrund ein imposantes altes Gebäude
Kohlmarkt mit Hotel Grandezza

Unterkunft in Brünn

ADC Design Apartmány (*)
Große Hotelzimmer mit altmodischer Einrichtung, aber mitten in der Altstadt gelegen.
Běhounská 4, Brünn

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