Konfrontation mit deutscher Geschichte 

Eine Rundreise durch Polen ist ja immer wieder auch eine Konfrontation mit der deutschen Geschichte. Dazu gehören nicht zuletzt zahlreiche Kriegsverbrechen und die Vernichtungslager des NS-Regimes. An der Stelle ist Polen – zu Recht – sehr empfindlich, wenn in der internationalen Presse von „polnischen Lagern“ die Rede ist. 

Mit Majdanek habe ich eines dieser Lager besucht – Auschwitz-Birkenau wird noch folgen. Kein gutes Thema für einen Blogbeitrag, wie ich beim Schreiben gemerkt habe. Es ist eine Plattitüde, aber eigentlich fehlen mir dafür die Worte. Versuchen wir es trotzdem.

Das Mausoleum mit der Asche der Toten

Majdanek als Gedenkstätte

Das ehemalige deutsche Arbeits- und Konzentrationslager Majdanek liegt heute in einem Vorort von Lublin.

Das besondere an dieser Gedenkstätte ist, dass sie schon im November 1944 von der polnischen Regierung als staatliches Museum (Państwowe Muzeum na Majdanku) eröffnet wurde.

Die Holzgebäude und Wachtürme sind mittlerweile fast ausnahmslos originalgetreue Nachbauten, trotzdem bekommt man so einen guten Eindruck von der Größe des Lagers und der Art der Behausungen, der Wachanlagen sowie des Krematoriums und der Gaskammern. Letztere sind zur Zeit allerdings wegen Instandsetzungssarbeiten geschlossen. 

Nach dem Krieg wurde die Asche der verbrannten Toten gesammelt und zu einem Hügel angehäuft, der seit 1969 vom Mausoleumsdom umrandet und überdacht wird. Außerdem gibt es ein ziemlich beeindruckendes Mahnmal aus Beton und Steinen am Eingang zum ehemaligen Lager. Es versinnbildlicht das „Tor zur Hölle“ und bietet über eine Lange Straße den Blick bis zum Mausoleum.

Mahnmal und „Straße der Erinnerung“

Majdanek als Arbeits- und Vernichtungslager

Bei der Befreiung durch die Rote Armee im Juli 1944 war das Lager insgesamt 270 Hektar groß.

Ursprünglich wurde es 1941 als Lager für sowjetische Kriegsgefangene gebaut. Später diente es auch als Arbeitslager für Polen, die im Widerstand aktiv waren oder einfach auf der Straße oder als Vergeltungsmaßnahme festgenommen wurden. 

Auch so schon ein furchteinflößender Anblick

Hinzu kamen nach Auflösung der Ghettos im Rahmen der „Aktion Reinhardt“ (benannt nach dem Leiter des Reichssicherheitshauptamtes Reinhardt Heydrich) auch immer mehr Juden, die vielfach durch harte Zwangsarbeit getötet wurden. Von September 1942 bis September 1943 wurden dann auch in Majdanek Juden durch Kohlenstoffmonoxid oder Zyklon B in Gaskammern ermordet.

Von den insgesamt 150.000 Menschen, die hier zumindest zeitweise interniert (und danach in andere Lager verlegt und unter Umständen dort getötet wurden), kamen 80.000 ums Leben

Majdanek hat auch dadurch traurige Berühmtheit erlangt, dass nie so viele Menschen an einem Tag erschossen wurden wie am 3. November 1943, als 18.000 Juden von der SS an – zum Teil heute noch zu erkennenden Gräben – mit Maschinengewehren erschossen wurden.

Eine Ausstellung mit den Lebensläufen von einigen Gefangenen und bewegende Videos von Überleben über ihre Leidenszeit im Konzentrationslager Majdanek, ließen mich – auch wenn mir natürlich die Fakten des Holocaust bekannt sind – immer wieder erschaudern.

Qualvolle Enge in den Baracken

Die Lebensbedingungen im Lager Majdanek können nur als unmenschlich beschrieben werden:

Bis zu 500 Menschen lebten in dreistöckigen Betten in einer Baracke. Sie waren nicht gegen die Kälte geschützt, bekamen nur wenig und schlechtes Essen. Wäsche zum Wechseln gab es vielfach nicht. Ungeziefer und Typhuserkrankungen waren an der Tagesordnung. Hinzu kamen die Zwangsarbeit und die Gewalt und der ständige Terror der Wachmannschaften.

Stacheldraht und ständige Überwachung

Es bleiben Fragen offen

Die Gedenkstätte Majdanek gibt mit den Baracken und Wachtürmen einen Eindruck über die Größe des Lagers. Der Ausmaß des alltäglichen Terrors und des Leidens der Gefangenen lässt sich jedoch allenfalls erahnen.

Aber auch das reicht schon aus, um sich mal wieder zu fragen, was dazu geführt hat, dass Menschen andere Menschen so behandeln. Wie ist da kollektiv das Mitgefühl abhanden gekommen? Wie hat das Wachpersonal nachts (und im restlichen Leben) schlafen können? Und warum wurden die Täter im Nachkriegsdeutschland nicht konsequent strafrechtlich verfolgt?

Und wie verroht oder abgestumpft muss man eigentlich als Politiker sein, um sich wie Alexander Gauland hinzustellen und die Zeit des Nationalsozialismus angesichts des Holocausts als „Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ zu verharmlosen?

In Majdanek wurden die Schuhe von Juden aus mehreren Todeslagern gesammelt

Quick Facts

Öffnungszeiten: 
April-Oktober: 9-18 Uhr
November-März: 9-16 Uhr
Montags und an Feiertagen geschlossen.

Eintritt:
kostenlos