Eine erfreulich unspektakuläre Stadt
Lublin ist eine großartige Stadt zum Umherstreifen. Die Altstadt ist recht kompakt, die Sehenswürdigkeiten halten sich in Grenzen: Fear of missing out – gab es für mich hier nicht. Stattdessen bieten sich zahlreiche Gelegenheiten, sich einfach mal zum Lesen oder Leute beobachten irgendwo hinzusetzen.
Und wenn man doch etwas Programm für mehr als einen Tag braucht:
Von Lublin aus lässt sich gut ein Tagesausflug nach Kazimierz Dolny machen und das auf dem Stadtgebiet Lublins liegende ehemalige Konzentrationslager Majdanek besuchen.
Was gibt es in Lublin zu sehen?
Lublin rühmt sich, dreimal – zumindest sehr kurz – die Hauptstadt Polens gewesen zu sein: 1569 wurde hier die polnisch-litauische Union besiegelt. 1918 war Lublin Sitz der ersten Regierung des unabhängigen Polens und 1944 bildete sich hier die erste, von den Sowjets eingesetzte, kommunistische Regierung Polens.
Heute ist Lublin einfach eine ganz normale Großstadt mit rund 340.000 Einwohnern. Das Spannendste war für mich hier das noch Unfertige zu sehen. Alte Häuser, für die noch kein Geld zur Renovierung zur Verfügung stand. Ich mag diese Blicke in die Vergangenheit – hier in das kommunistische Erbe – sehr. Das lässt viel Raum für Fantasie: Was ließe sich aus diesem Haus machen? Wie mag diese Ecke der Stadt in zehn Jahren aussehen?
Doch zurück zu meinen Lieblings-Ecken in Lublin:
Plac Litewski
Der Litewski-Platz ist ein schöner, weitläufiger Platz (35.000 Quadratmeter) mit Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert und mehreren Wasserspielen. Viele Bänke laden zum Verweilen ein – hier habe ich mich jeden Morgen erstmal mit meiner Frühstückstüte aus dem Kapselhotel hingesetzt.
Krakauer Tor (Brama Krakowska)
Das schönste Stadttor Lublins ist das Krakauer Tor. Natürlich inzwischen auch top-renoviert, ist dieses Tor eine hübsche Mischung aus dem 14. Jahrhundert und seinen Ergänzungen aus Renaissance und Barock.
Rynek
Absolutes Highlight von Lublin ist für mich (der Lonely Planet Polen erwähnt ihn nicht mal) der Marktplatz (polnisch: Rynek) rund um das alte Rathaus. Auch hier ist es wieder das Unfertige, was so fasziniert. Bunte Häuser (damit kriegt man mich ja auch immer) umrahmen den Platz, wechseln sich dabei aber auch mit Häusern ab, denen eine Renovierung noch bevorsteht oder bei denen nur das Erdgeschoss mit Restaurants und Cafés schon herausgeputzt ist.
Cafés und Restaurants am Rynik Noch mehr Cafés und Restaurants
Die Wiese auf dem Dach
Neue Einkaufszentren sind ja meist recht unspektakulär (aber super, wenn man mal eine Toilette braucht). Das Einkaufszentrum Tarasy Zamkowe hat mehr zu bieten: Einen großen und schönen Dachgarten mit Blick hinüber zur Altstadt (und zu den weniger hübschen Nachkriegsbauten in den Vorstädten). Dazu gibt es noch einen Kinderspielplatz mit Trampolinen, Outdoor-Fitnessgeräte und Sofas unter einem Sonnensegel. Hier lässt es sich aushalten, auch wenn unten der Verkehr vorbeirauscht.
Wandmalereien
Direkt neben dem Einkaufszentrum führt ein kanalisierter Bach vorbei. Und an dessen Ufermauer erinnern Künstler in schwarz-weißen Malereien mit Alltagsszenen an das von den Nazis zerstörte jüdische Viertel Lublins.
Ein Blick in die Vergangenheit Lublins
Alter & neuer jüdischer Friedhof
Beide Friedhöfe sind nicht frei zugänglich. Man bekommt den Schlüssel allerdings im Hotel Ilan (Lubartowska 85), in dessen Gebäude sich auch die Synagoge befindet. Dabei kann es gut sein, dass man ein wenig warten muss, bis Leute, die gerade mit dem einzigen Schlüssel unterwegs sind, zurückkommen.
Trampfelpfad auf dem alten jüdischen Friedhof Der Lauf der Zeit
Der alte Friedhof geht zurück bis ins Jahr 1541. Das Gelände ist von hohen Backsteinmauern umgeben und weitgehend zugewachsen. Nur ein schmaler Pfad führt zu ein paar uralten Grabsteinen und Gedenktafeln, von denen eine von zwei Bäumen nahezu eingewachsen ist.
Der „neue“ Friedhof wurde auch schon 1829 eröffnet. Zerstört wurde er dann von den Nazis, die zynischerweise einige Grabsteine auch für den Bau der Straßen im Konzentrationslager Majdanek verwenden ließen.
Was ich gerne gesehen hätte
Eine Untergrundtour durch miteinander verbundene Keller in der Altstadt hätte ich gerne mitgemacht. Die finden wegen Corona gerade aber leider nicht statt. Auch der Trynitaska-Turm in der Altstadt ist aktuell nicht zugänglich. Stattdessen war ich auf dem Rundturm des völlig belanglosen, in Renovierung befindlichen Schlosses. Naja, besser als nichts.
Fazit: Lohnt sich Lublin?
Wenn man nur wenig Zeit in Polen verbringen kann oder möchte, dann kann man Lublin ruhig auslassen. Spektakuläre Highlights oder Sehenswürdigkeiten gibt es hier nicht. Für diejenigen mit etwas Zeit ist Lublin aber eine gute Basis, um auch Kazimierz Dolny und die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Majdanek zu besuchen.
Essen & Trinken in Lublin
Umeå
Veganes Restaurant mit ausgezeichneten Rote-Beete-Burgern.
Orla 4/1, Lublin
Just Crafted
Kleines Brauhaus mit guten Burgern.
Cicha 2, Lublin
Par Zona Café
Nettes Café mit hervorragender Schokoladentorte.
Krakowskie Przedmieście 51, Lublin
Unterkunft in Lublin
Lublin Capsules (*)
Das möglicherweise kleinste Kapselhotel der Welt, das nur aus zwei „Kapseln“, dafür aber mit Doppelbetten besteht. Äußerst funktional eingerichtet. Super Preis-Leistungs-Verhältnis, zentrale Lage.
Ogrodowa 7/16, Lublin