Fahrt im Eismeer
Nach dem Fehlschlag am Vortag hat es diesmal mit der Überfahrt nach Qeqertarsuaq geklappt. Und das war eine der aufregendsten Fährfahrten meines Lebens.
Das kleine Boot tuckert zwar unspektakulär anderthalb Stunden bis zur Disko-Insel, aber immer wieder sind Eisberge in unterschiedlichen Größen zu sehen und werden sicherheitshalber auch auf dem Radar des Kapitäns angezeigt. Das vermittelt ein großes Sicherheitsgefühl.
Auf zur Hundeschlittenfahrt
Auch wenn ich am Vortag nicht erschienen bin, wartet am Hafen jemand mit dem Schlüssel für mein Hostel-Zimmer auf mich. Das Hostel selbst ist dann völlig verlassen. Anscheinend war ich an diesem Tag der einzige Gast.
In der Touristeninformation habe ich dann meine Hundeschlittenfahrt auf dem Lyngmarksbræ bezahlt und mich auf die Weg gemacht.
Im Winter werden auf Grönland an vielen Orten Schlittenfahrten mit Hunden angeboten – von zwei Stunden bis expeditionsartigen Touren über Land, die mehrere Tage dauern.
Das Besondere in Qeqertarsuaq ist allerdings, das man auch im Sommer eine kleine Ausfahrt auf einem Schlitten unternehmen kann. Und das wollte ich unbedingt mal erleben.
Wanderung mit Hindernissen
Die Wanderung auf das Hochplateau des Lyngmarksbræ hatte mein Reiseführer mit (hin und zurück) fünf bis acht Stunden angesetzt. Dummerweise bin ich dann an einer Baustelle vom rechten Weg abgekommen und der kleine Pfad dem ich für eine Weile folgte und der auch bergauf führte, endete plötzlich im Nirgendwo. In der Ferne konnte ich andere Wanderer erkennen, also beschloss ich, einfach querfeldein zu laufen.
Einfacher gesagt als getan. Es wurde eine anstrengende Kletterei über Geröll, Pflanzen und einen kleinen Wasserfall. Aber zum Glück war es relativ warm und es war klare Sicht. Bei Nebel und Kälte hätte ich mich hier durchaus heillos verlaufen und unterkühlen können.
So erreichte ich dann doch irgendwann wieder den richtigen Weg – und zwei Teilnehmer der Ice Camp-Tour von Kangerlussuaq aus (den Rest der kleinen Gruppe trafen wir dann auch zufällig auf dem Hochplateau).
Der Nachteil an einem Ausflug in den Tiefschnee auf dem Lyngmarksbræ im Sommer? Der Schnee schmilzt. Insofern konnte man darauf nicht vernünftig laufen, sondern sackte immer wieder knietief in das Schnee-Schneematsch-Gemisch ein. Aber trotzdem habe ich die Hütte, an der die Schlittenfahrten starten, nach dreieinhalb Stunden erreicht.
Warnung vor dem Hunde
Vor den Hunden selbst hatte ich einen Heidenrespekt. Das mag auch daran liegen, dass mir sofort eingebläut wurde, niemals vor dem Rudel hinzufallen, da die Hunde einen sonst als Futter wahrnehmen und über einen herfallen und durchaus einen Arm abbeißen können. Keine Ahnung, ob das stimmt – ich habe es lieber nicht darauf ankommen lassen.
Zumal die Hunde schon untereinander einen recht aggressiven Umgangston pflegten und kläffend an ihren Ketten zogen.
Ich habe also den Schlittenführer aus sicherem Abstand seine Arbeit machen lassen, die ersteinmal darin bestand, die Hunde in die auf Grönland übliche Fächerformation einzuspannen.
Und das immer wieder unter Einsatz von Stockhieben. Auch darauf wurde ich vorher hingewiesen. Da sei so üblich, damit der Hundeführer auch als Führer des Rudels anerkannt werde. Nun, das habe ich auch nicht in Frage gestellt. Regelbasierte, multilaterale Gespräche sind in so Hundemeuten wahrscheinlich eher nicht zielführend.
Auf großer Fahrt
Und dann ging sie los die rasende Fahrt. Naja, zumindest ging es dann los. Ein paar Meter. Dann mussten wir anhalten, damit der Hundeführer die Leinen wieder entwirren konnte. Das wiederholte sich ein paarmal, bis alle Hunde ihre Position gefunden oder zumindest anerkannt hatten.
Eine rasende Fahrt wurde es allerdings nie. Sonnenschein, vergleichsweise hohe Temperaturen und sehr feuchter Schnee sind einfach keine guten Voraussetzungen für schnelle Schlittenfahrten. Aber ich habe zumindest einen Eindruck von Hundeschlittenrennen bekommen, dem Zusammenspiel und der Laufbereitschaft der Hunde, der Fahrt über Eis und Schnee und vor allem den Blick auf die Schneelandschaft.
Olfaktorisch war das übrigens kein Vergnügen, da auf dem fellbekleideten Holzschlitten zu sitzen. Sagen wir mal so: Die Hunde sind offensichtlich nicht nur einem guten Gespräch gegenüber nicht sonderlich aufgeschlossen, Hunde-Bidets gibt es hier offenbar auch nicht. Und wenn, dann nutzen sie die nicht.
Epilog
Der Abstieg vom Hochplateau über Schnee, Matsch und Geröll hinunter in den Ort ging dann – in nassen Socken und Schuhen – mit anderthalb Stunden deutlich schneller als der Aufstieg.