Zu teuer für eine Kurztrip

Ich wollte ja eigentlich zwei Nächte auf Juist verbringen – aber irgendwie wollte Juist mich nicht. Alle noch verfügbaren Pensionen und Ferienhäuser hatten Mindestaufenthaltsdauern von vier oder fünf Tagen vorgeschrieben – die günstigste Unterkunft, die ich für einen Kurztrip noch bekommen hätte, sollte 500 Euro für die zwei Nächte kosten. Nein, danke.

Und so habe ich meine schon gebuchten Fährverbindungen wieder storniert, eine Unterkunft in Norden gebucht und habe einen Tagesausflug nach Juist unternommen.

Propeller des Flugzeugs und schmale Insel mit Stränden auf beiden Seiten
Landeanflug auf Juist

Hin bin ich morgens um 8:15 Uhr mit dem Inselflieger (ca. fünf Minuten Flugzeit bis Juist, Kosten: 44 Euro einfache Strecke) und am Nachmittag mit der gezeitenabhängigen Inselfähre (ca. 90 Minuten, Kosten: 18,75 Euro) – das waren knapp acht Stunden um die Insel zu erkunden. Bei einem Eiland, was nur 500 bis 900 Meter breit und 17 Kilometer lang ist, reicht das für einen ersten Eindruck völlig aus, wenn man sich am Flughafen ein E-Bike mietet und dieses dann in Hafennähe auch wieder abgeben kann.

Blick über bewachsene Dünen auf das Meer
Natur pur auf Juist

Was sind die Sehenswürdigkeiten von Juist?

Juist ist absolut sehenswürdig, aber richtige Sehenswürdigkeiten im klassischen Sinne gibt es hier eher nicht. Was auf Juist im Mittelpunkt steht, ist die Natur, das heißt vor allem (Watten-) Meer, Dünen und Strand.

Am Hafen

Als eines der Wahrzeichen von Juist wird die Aussichtsplattform am Hafen bezeichnet, die zugleich auch als Seezeichen dient. Wegen seiner an das Hotel Burg Al Arab in Dubai erinnernden Form wird es angeblich auch „Klein Dubai“ genannt.

Aussichtsplattform bei Ebbe
Aussichtsplattform am Hafen – genannt: Klein Dubai

Während Borkum ja gleich drei Leuchttürme aufzuweisen hat, muss Juist mit einem falschen Leuchtturm auskommen. Der Schiffsverkehr wurde früher von den Nachbarinseln Borkum und Norderney aus mit Leuchtfeuern gelenkt – auf Juist gab es also keinen Bedarf für einen Leuchtturm.

Auf der kleinen, unbewohnten Nachbarinsel Memmert gab es allerdings von 1939 bis 1986 auch einen Leuchtturm. Da sich die Insel aber – wie mehr oder weniger alle Ostfriesischen Inseln – im Laufe der Zeit so weit verschoben hatte, dass dieser Turm irgendwann im Wasser stand, wurde das Leuchtfeuer für ein paar Jahre in Emden eingelagert.

Seit 1992 steht nun ein kleiner Leuchtturm am Hafen von Juist, in den das alte Leuchtfeuer von Memmert eingesetzt wurde, und sendet alle 13 Sekunden ein Leuchtsignal aus – allerdings nur ins Inselinnere. Es ist ein reiner „Show-Leuchtturm“, der keinerlei nautische Funktion hat.

Kleiner Leuchtturm
Der ehemalige Leuchtturm von Memmert – jetzt auf Juist

In der Stadt

Juist ist architektonisch sehr bodenständig. Es ist zwar seit 1866 Seebad, wirkt aber eher beschaulich, was auch an den vielen Backsteinbauten im Ortskern liegen kann, die Ende der 1920er und Anfang der 1930er jähre entstanden sind.

Backsteingebäude im Ortskern von Juist
Irgendwo in Juist

Aus dieser zeit stammt auch der Backstein ist auch der 13 Meter hohe Wasserturm, der auf der höchsten Düne der Insel thront und so deutlich größer wirkt. Mit seinem Fassungsvermögen von 250 Kubikmetern ist er auch heute noch wichtig für die stetige Wasserversorgung auf Juist.

Wegen seiner an die Form der damaligen Schnapsflaschen der Brennerei Doornkaat in Norden wird er auch „die Doornkaat-Buddel“ genannt.

Backsteinturm mit Uhr
Die „Doornkaat-Buddel“

An einer Stelle wirkt Juist dann allerdings doch wie ein mondänes Seebad: Am Hauptzugang zum Strand steht das „Strandhaus Kurhotel Juist“, das 1898 erbaut wurde und seitdem als das „weiße Schloss am Meer“ gilt. Mit Dampfheizung und elektrischem Licht war es damals absolut auf der Höhe der Zeit und lockte mit geräumigen Salons in einer „Fürstenwohnung“ ein durchaus adeliges Klientel an.

Umbauten in den 1970er Jahren haben dem Hotel innen wohl viel von seinem ursprünglichen Charme genommen, in den 1980er und 1990er Jahren stand es sogar jahrelang leer und verkam zusehends. Im Einklang mit Denkmalschutzbestimmungen sind seitdem hochpreisige Hotelzimmer und Apartments entstanden.

Repräsentatives Gebäude mit Glaskuppel vom Strandweg aus gesehen
Das Strandhotel Kurhaus Juist

Am Strand

Für Strandspaziergänger ist Juist ein Traum: Man kann die Insel in ihrer gesamten Länge vom Billriff im Westen bis zum Kalfamer im Osten ablaufen. Und fast immer ist man dabei ungestört. Trubelig – also zumindest für Juister Verhältnisse – geht es nur auf dem Strandabschnitt vor dem Ort Juist zu.

Hochstand der DLRG in der Brandung
Baywatch Juist

Hier befinden sich zahlreiche Restaurants in Strandnähe und man kann sich einen der farbenfrohen Strandkörbe mieten – klassisches Nordsee-Feeling inklusive.

Wer nicht den ganzen Strand begehen will, kann auch mit dem Rad über die Insel fahren und einen der immer wieder mal ausgeschilderten Zugang zum Strand nutzen, um die Ruhe zu genießen.

Weg zum Strand
Einer der zahlreichen Wege zum Strand auf der Nordseite der Insel

Das Küstenmuseum Loog

Das Küstenmuseum hätte ich mir gerne angesehen, aber es ist derzeit dauerhaft geschlossen und wird – so heißt es – zu einem Inselmuseum umgebaut.

Museumsgebäude mit Bojen als Ausstellungsstücken vor der Tür
Nichts zu sehen: Das Küstenmuseum ist zur Zeit geschlossen

Das Billriff

Wer Sand mag, wird das Billriff lieben. Ein Wanderweg führt hier vom letzten Fahrradparkplatz am Westende Juists entlang auf Sandwegen bis auf die Nordseite. teile dieser Sandbank dürfen wegen Treibsands nicht betreten werden, aber die Landschaft ist auch so wunderschön.

Hi nweisschild auf den Wanderweg, ganz im Hintergrund die Insel Memmert
Wanderweg zum Billriff

Otto-Leege-Pfad

Das wilde Juist kann man auf einem nach dem Naturforscher Otto Leege benannten Natur- und Lehrpfad im Osten der Insel kennenlernen. Von einer Aussichtsplattform kann man sich auch einen ganz guten Eindruck von der Vegetation in den Dünen machen.

Die Kunstwerke oder das „Otto-Leege-Tor“ sind dabei eher weniger interessant als die Natur selbst.

Holzweg auf Stelzen durch die Landschaft
Der Otto-Leege-Pfad durch die Dünenlandschaft

Fazit: Warum sollte man nach Juist fahren?

Juist bedeutet Entspannung in der Natur. Da es keine Autos gibt (sieht man mal von einem Polizeiauto und dem Notarzt ab), kann man hier sehr entspannt von einem Ende der Insel zum anderen mit dem Rad fahren. Und wenn man länger auf der Insel bleibt, macht man das eben täglich und setzt sich zwischendurch auf eine der vielen Bänke, schaut ein bisschen in die Landschaft oder fährt zum Strand und guckt ein bisschen aufs Meer.

Auf Juist kann man sich also herrlich dem Müßiggang hingeben und hat nicht das Gefühl, man müsse noch unbedingt dies oder jenes besichtigen. Dies oder jenes ist auf Juist auch morgen noch da. Und übermorgen.

Selbst für einen Tagesausflug würde ich Juist empfehlen, wenn man die Insel dann mit dem Fahrrad befährt. So sieht man viel in kurzer Zeit – eine Stippvisite in ein kleines Paradies gewissermaßen.

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