Es ist ja eher Museumswetter

Eigentlich ist im Moment ja immer wieder schönes Wetter in Hamburg. Gut, es ist für die Jahreszeit zu kühl, aber die Sonne scheint, nur ein paar Wolken sind am Himmel. Das Problem ist nur, kaum dreht man sich mal um, ist es plötzlich bedeckt und dicke Regenwolken ziehen am Horizont auf. Und fünf Minuten später ist man völlig durchnässt.

Kein Wetter also für längere Ausflüge. Perfektes Wetter aber, um ohne schlechtes Gewissen durch Museen zu schlendern. Da ich seit bestimmt 15 Jahren nicht mehr im Museum für Hamburgische Geschichte war und mich beim besten Willen nicht mehr an die Ausstellung erinnern konnte, habe ich beschlossen, die Wiedereröffnung mit gewissen Beschränkungen und nach Voranmeldung (hier mehr dazu auf der Museumswebsite) auszunutzen.

Eingang des Museums
Hereinspaziert – das Museum für Hamburgische Geschichte

Was gibt es im Museum für Hamburgische Geschichte zu sehen?

Die Stadtgeschichte

Das Museum für Hamburgische Geschichte zählt sich selbst zu den größten stadthistorischen Museen Europas und zeichnet dementsprechend die Geschichte der Stadt von den Anfängen rund um die Hammaburg im Jahr 800 bis heute nach.

Wann wurde das Museum für Hamburgische Geschichte eigentlich gebaut?

Das Museum wurde 1908 gegründet und der heutige Bau – mit einer Unterbrechung durch den Ersten Weltkrieg – vom damaligen Baudirektor der Stadt, Fritz Schumacher, von 1913 bis 1922 gebaut. Die Besonderheit an dem Gebäude im für Schumacher typischen Backsteinklinkerstil sind Spolien, in die Fassade integrierte Teile abgerissener älterer Hamburger Gebäude. Dazu gehört beispielsweise im Innenhof das ehemalige Südportal der Hauptkirche Sankt Petri, die dem Großen Brand 1842 zum Opfer fiel, oder an der Außenfassade die Statuen deutscher Kaiser, die vorher das ebenfalls niedergebrannte Alte Rathaus zierten.

Das Südportal von St. Petri im Innenhof des Museums
Das Südportal von St. Petri im Innenhof des Museums

Was sind die Schwerpunkte der Ausstellung?

Schwerpunkt der Ausstellung ist ein Rundgang im ersten Obergeschoss. Für die Anfangszeit bis zum Mittelalter gibt es verständlicherweise nur wenig Ausstellungsstücke, ein paar aufgespießte Totenschädel stehen dann für die Nebenwirkungen des sich entwickelnden Seehandels und dem Aufschwung des Hafens. Große Teile der Hamburger Geschichte werden natürlich entlang der Hafenentwicklung erzählt.

Aufgespießte Schädel
Abteilung Seeräuber

Das ist auch hochinteressant, aber irgendwie scheinen mir da viele Aspekte der Stadtentwicklung aus dem Fokus zu geraten. Stattdessen wird ausgestellt, was da ist und vielfach schon bei der Gründung des Museums da war. So sind viele Innenausstattungen abgerissener Bürgerhäuser (inkl. Wandpaneele, verzierter Zimmerdecken oder kunstvoll gestalteter Kamine) oder eine originale Kaufmannsdiele zu sehen. So einiges, was durch den großen Brand von der mittelalterlichen Altstadt, beim Bau der Speicherstadt oder dem Abbruch des Gängeviertels verloren gegangen ist, kann man hier bewundern oder zumindest als Modell anschauen. So wird auch deutlich, dass die ältere Hamburger Stadtgeschichte fast völlig aus dem Stadtbild verschwunden ist.

Das 20. Jahrhundert kommt im Museum meiner Meinung nach viel zu kurz. Es gibt zwar im Erdgeschoss eine Ausstellungsfläche „Hamburg im 20. Jahrhundert“, aber die hat mich auch eher uninspiriert zurückgelassen. Da gibt es zwar Vitrinen zu den verschiedensten Themenbereichen (Hamburg im Nationalsozialismus, im Bombenkrieg, in der Nachkriegszeit), aber das wirkt doch sehr oberflächlich. Vielleicht waren meine Erwartungen nach den Besuchen in den Danziger Museen zum Zweiten Weltkrieg und zur Gewerkschaft Solidarność einfach zu hoch.

Die interessantesten Ausstellungsstücke

Für mich waren vor allem die verschiedenen Stadtmodelle interessant, die die Ausbreitung der Stadt vom Mittelalter bis in die Nachkriegszeit (des Zweiten Weltkriegs) aufzeigen. So erkennt man auf dem Modell aus dem Mittelalter noch deutlich die natürlichen Elbinseln und am Nachkriegsmodell kann man sehen, welche Teile der Stadt wie stark zerstört und wieder aufgebaut wurden.

Die Stadtmauern verschiedener Epochen erklären dann auch sehr gut, warum Straßen in der Innenstadt eben unter anderem Alter und Neuer Wall heißen, wie die Neustadt zu ihrem Namen kam oder warum irgendwann Platz für den Hauptbahnhof und die hinter dem Museum beginnenden Gärten von Planten und Blomen war.

Enttäuschend ist aber, dass aktuelle Entwicklungen der Stadt nicht mit Modellen oder Ausstellungsstücken erklärt werden. Wenn ich es nicht völlig übersehen habe, findet beispielsweise die HafenCity hier gar nicht statt.

Schulterblatt eines Wales über dem Straßenschild "Schulterblatt"
Nebenbei werden auch Straßennamen erklärt

Der größte „Nun, ja“-Moment

Im zweiten Obergeschoss betreibt der Verein „Modelleisenbahn Hamburg“ eine Modellbahnanlage im Maßstab 1:32. Vierjährige lassen sich davon begeistern, habe ich mir sagen lassen. Meine Begeisterung hingegen hielt sich in Grenzen.

Bahnhof Hamburg-Harburg im Miniaturformat
Ein Teil der 250 Quadratmeter großen Modellbauanlage

Dampflokmodelle, Dieselloks und „moderne Züge“ fahren hier seit 1949 und bilden mit seinen 1.200 Meter Gleisen und Nachbauten der Bahnhöfe Hamburg-Harburg, Elbbrücken und dem Hauptgüterbahnhof eine der umfangreichsten und ältesten Modellbahnanlagen Europas. Aber leider wirkt das Ganze auch museumsreif. Da hat das Miniaturwunderland dem Museum für Hamburgische Geschichte einfach deutlich den Rang abgelaufen.

Für wen lohnt sich das Museum für Hamburgische Geschichte?

Hier lohnt sich ein Besuch für Touristen, die mehr über die Stadt und ihre Entwicklung erfahren wollen. Aber auch Hamburgerinnen und Hamburger, die so ihre eigene Stadt vielleicht etwas besser verstehen. Zu viel sollten sich Besucher hier aber nicht erwarten.

Es ist ein eher traditionelles Museum, nur vereinzelt interaktiv und multimedial. Das Ganze wirkt sehr in die Jahre gekommen und die Ausstellungsstücke teilweise willkürlich zusammengewürfelt. Eine klare Linie konnte ich da nicht erkennen. Da müsste Hamburg mal richtig investieren – in der jetzigen Form ist das Museum kein Aushängeschild für eine moderne Stadt.

Durcheinander an Schaukästen, Eingangsportalen und Wandschmuck
Viel zu sehen, aber etwas durcheinander

Quick Facts
Museum für Hamburgische Geschichte

Anreise

Von der U-Bahnstation „St. Pauli“ (U3) sind es zu Fuß etwa fünf Minuten Fußweg zum Museumseingang am Holstenwall 24.

Öffnungszeiten

Montag, 10-17 Uhr
Dienstag geschlossen
Mittwoch-Freitag, 10-17 Uhr
Samstag-Sonntag, 10-18 Uhr

Eintritt

9,50 Euro für Erwachsene,
6 Euro für Schüler ab 18 Jahre, Studenten bis 30 Jahre, Auszubildende, Arbeitslose, Schwerbehinderte
Kostenlos für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre

Die Fassade des Museums mit einigen Figuren abgerissener Häuser
Die Fassade des Museums mit einigen Figuren abgerissener Häuser