Frage an Radio Eriwan: Heißt es überhaupt Eriwan?
Im Prinzip ja, aber es gibt offenbar einige unterschiedliche Transkriptionen aus dem Armenischen (und Russischen). Ich habe verschiedentlich gelesen, dass „Eriwan“ eine falsche oder veraltete Transkription sei – aber beispielsweise das Auswärtige Amt verwendet die Bezeichnung nach wie vor auf ihrer Website.
Weitere Schreibweisen, die inzwischen verbreitet sind: Jerewan oder Erewan bzw. im Englischen auch Yerevan und vereinzelt Erevan. Die armenische Botschaft in Deutschland nennt die eigene Hauptstadt Jerewan.
Jerewan wäre von der Aussprache her auch die beste Bezeichnung, aber wie in Georgien mit Tiflis oder Tbilisi kann ich mich auch bei Eriwan oder Jerewan nicht so richtig von der „alten“ Bezeichnung trennen und verwende diese im folgenden.
Was hat Eriwan an Sehenswürdigkeiten zu bieten?
Für eilige Reisende ist Eriwan gut geeignet – es gibt nämlich nicht so wahnsinnig viel zu sehen. Im Gegensatz zu Tiflis wurden in Eriwan fast alle Altbauten nach Beginn der Sowjetherrschaft abgerissen. So wurde auch die erste Kirche Armeniens aus dem 5. oder 6. Jahrhundert 1931 zerstört, um Platz für ein Kino zu machen.
Architektonisch ist also nichts von der Besiedelung seit dem 8. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung übrig geblieben. Eriwan ist von seiner Stadtstruktur her also absolut sowjetisch geprägt.
Ich muss zugeben: Mit Eriwan bin ich nicht so richtig warm geworden. Während mir Tiflis ja sehr gut gefallen hat, fehlte in Eriwan irgendetwas. Vielleicht fehlte einerseits die Altstadt, andererseits auch der Aufbruch in die Zukunft, wie sie Tiflis mit ein paar ultramodernen Gebäuden einfach ausstrahlt.
An der Kaskade
Die Kaskade ist ein riesiger Treppenkomplex im Zentrum von Eriwan. Auf einer Breite von 50 Metern führen hier Treppen über 572 Stufen zu einer aus hässlichen Rohbeton bestehenden Plattform in 118 Metern Höhe. Von dort aus hat man angeblich einen schönen Blick auf Eriwan und Berg Ararat.
Das kann ich so nicht bestätigen. Man sieht ein bisschen was von Eriwan, aber zumindest bei meinem Besuch war die Stadt in einen smogartigen Dunst gehüllt – von schöner Aussicht konnte da nicht die Rede sein.
Aber die Kaskade ist schon beeindruckend. Die ursprünglichen Pläne stammen aus den 1930er Jahren, wurden verändert aber erst ab 1971 umgesetzt, aber bis heute nicht vollendet. Erst kamen ein schweres Erdbeben 1988, dann der Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 dazwischen.
Inzwischen wurden die hellen Treppen aus Travertinstein zwar mal erneuert, aber zur Aussichtsplattform auf der obersten Ebene klafft noch immer eine Lücke. Im Treppenkomplex sollte ein großartiges Museum für moderne Kunst entstehen, aber die großen Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Geöffnet ist das Cafesjian Center for the Arts nur freitags bis sonntags. Immer zu sehen sind dagegen die zahlreichen Skulpturen im Park am Fuße der Kaskade und auf den Zwischenebenen.
Von der obersten Aussichtsplattform mit ihrem bröckeligen Beton kommt man über eine Hauptverkehrsstraße zum Victory Park, einem Park mit ein paar Kiosken, Fahrgeschäften und Mutter Armenien. Auf dem Weg dorthin kann man auch noch einen Blick auf die Vorstädte im Sowjetstil werfen, wobei die sogenannten Northern Ray Towers architektonisch immerhin etwas Besonderes sind.
Victory Park
Der Victory Park ist zum einen ein Naherholungsgebiet, was morgens von zahlreichen Joggern bevölkert wird, aber auch ein Vergnügungspark. Die Fahrgeschäfte sind zwar schon etwas in die Jahre gekommen, aber ein Besuch lohnt sich allein schon, um die vielen Kioske mit ihrem Warenangebot anzuschauen.
Außerdem gibt es hier ein Riesenrad. Und Riesenräder gehen immer. Auch wenn sie sonntags morgens noch völlig verlassen in der Gegend stehen.
Am Ende der Parks thront „Mutter Armenien“ über einem Museumsbau, der ursprünglich in Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg errichtet wurde, heute aber vor allem als Museum mit Schwerpunkt des Krieges um Bergkarabach dient. Die 22 Meter hohe Statue wurde hier erst 1967 errichtet. Bis 1962 stand an ihrer Stelle eine immerhin 17 Meter hohe Statue von Josef Stalin.
Von der Oper zum Platz der Republik
Zurück über die Kaskade – und vielleicht mit einem kurzen Stop in einem der zahlreichen Cafés und Restaurants rund um den Platz zu ihren Füßen – geht es weiter ins Stadtzentrum von Eriwan.
Dabei kommt man am beeindruckenden Opern- und Balett-Theater vorbei, das 1933 eingeweiht wurde und zwei Amphitheater für Aufführungen und Konzerte beherbergt.
Opernhaus Eriwan Seitenfassade der Oper
Hinter dem Opernhaus schließt sich die Northern Avenue an, eine Fußgängerzone, die wohl so etwas wie die Prachtmeile von Eriwan sein sollte. De facto ist es eine Schau hässlicher Gebäude im post-sowjetischen Protzbaustil mit zahlreichen Restaurants und Luxusmarken-Läden.
Auch wenn sie die Oper mit dem Platz der Republik verbindet und es Pläne für sie schon in den 1930er Jahren gab, ist diese 27 Meter breite Straße erst zwischen 2002 und 2007 angelegt worden. Ein städtebauliches Highlight ist sie definitiv nicht – aber immerhin ist sie nur 450 Meter lang und an ihrem Ende wartet der imposante Platz der Republik.
Rund um den Platz der Republik
Der Platz der Republik – oder kurz Hraparak („der Platz“) – wurde ab 1924 als Leninplatz neu angelegt. Der Bau der repräsentativen Gebäude für Regierung und Gewerkschaften, einem Luxushotel und dem Historischen Museum Armeniens – aus pink-rotem und gelbem Tuffstein im neoklassischen Stil ringsherum – zog sich allerdings noch bis 1977 hin.
Im Sommer gibt es abends ab 21 Uhr eine Wasserorgel mit Musik im großen Brunnen vor dem Museum.
Das Historische Museum Armeniens wird zur Zeit mal wieder umgebaut. Zu sehen ist daher nur ein kleiner Teil – so das Übliche mit steinzeitlichen Funden und Schmuck aus den verschiedenen Jahrhunderten. Am interessantesten ist vielleicht noch der älteste Lederschuh der Welt. 5.500 Jahre alt ist das Exemplar, was hinter Glas ausgestellt ist. Eine Nachbildung davon gibt es auch zum Anfassen.
Allerlei Funde… … im History Museum… …of Armenia
Unweit des Platzes der Republik findet sich die Blaue Moschee, die noch aus der Zeit der persischen Besatzung Mitte des 18. Jahrhunderts stammt und die Stadtneuplanung in den 1920er Jahre überlebt hat. Sie wurde allerdings 1931 von den Sowjets geschlossen und als Stadtmuseum genutzt.
Die iranische Regierung hat das Gebäude 1995 gekauft und wieder als Moschee einrichten lassen. Genutzt wird sie, da es nach dem Karabachkonflikt kaum noch Muslime in Armenien gibt, hauptsächlich von Iranern, die in Armenien arbeiten.
Neben dem Eingang zur Metrostation „Republic Square“ findet sich die Aram Manoukian-Statue. Sie ist dem Revolutionsführer gewidmet, der Armenien 1918 nach über 600 Jahren Fremdherrschaft die Freiheit gebracht hat – auch wenn die Republik bis zur Aufnahme Armeniens in die Sowjetunion nur wenige Jahre bestand.
Die Flagge in der er gehüllt ist, erscheint auf den ersten Blick die ukrainische zu sein. Es ist aber doch die armenische – das Rot oben ist nur sehr verblasst. Offene Solidarität mit der Ukraine wäre in Armenien auch eher überraschend, die Abhängigkeit von Russland als „Aufpasser“ im Konflikt mit Aserbaidschan ist hier einfach zu groß.
Gregor der Erleuchter-Kathedrale
Relativ neu im Ensemble der Sehenswürdigkeiten in Eriwan ist die Kathedrale des Heiligen Gregor des Erleuchters. Die armenisch-apostolische Kirche wurde mit Geldern armenisch-stämmiger Unternehmer aus den USA und Argentinien von 1997 bis 2001 erbaut.
Mit über 1.700 Plätzen ist es nach der Sameba-Kathedrale in Tiflis die zweitgrößte Kathedrale in der Kaukasus-Region. Die sterblichen Überreste des Heiligen Gregor hat man sich wohl irgendwie in Neapel organisieren können. Organhandel der anderen Art.
Gleich schräg gegenüber gibt es – nahe der Metrostation „Zoravar Andranik“ – übrigens auch noch ein für Fans der sowjetischen Wohnarchitektur interessantes Gebäude. Ein langgezogenes Wohnsilo mit einer riesigen Fenster- und Balkonfront, das dem Verfall preisgegeben zu sein scheint.
Unterkunft in Eriwan
Hotels sind in Eriwan vergleichsweise teuer – zumindest, wenn man vorher in Tiflis war. Gefühlt waren das eher mitteleuropäisches Preisniveau, wenn man nicht gerade in Schlafsälen in Hotels übernachten möchte.
Ich habe mit dem Areg Hotel (*) ein ordentliches und bezahlbares Hotel gefunden, was fußläufig zum Bahnhof und zur Metrostation „Sasuntsi David“ liegt. So konnte ich nach der frühen Ankunft mit dem Nachtzug aus Tiflis mein Gepäck abgeben und mit der Metro in die Innenstadt fahren.
Booking.com