Was macht Transnistrien so besonders?

Transnistrien – oder wie sie sich selber nennen: die Pridnestrowische Moldauische Republik – ist ein Staat, den es eigentlich nicht gibt. Zumindest völkerrechtlich.

Nach dem Ende der Sowjetunion spaltete sich Transnistrien von der entstehenden Republik Moldau ab und beanspruchte Eigenständigkeit. Eine militärische Auseinandersetzung wurde durch Vermittlung Russlands beendet, seitdem handelt es sich beim „Transnistrien-Konflikt“ um einen sogenannten eingefrorenen Konflikt. Moldau betrachtet Transnistrien weiterhin als Teil seines Staatsgebiets, hat aber de facto keinen Einfluss.

Transnistrien hat eine eigene Regierung, eine eigene Währung, eigenes Militär und steht unter dem Schutz Russlands. Zusammen mit den völkerrechtlich ebenfalls nicht anerkannten Arzach, Abchasien und Südossetien bildet Transnistrien die Gemeinschaft nicht-anerkannter Staaten.

Unauffälliges Haus in einer Ladenzeile
Das Vebindungsbüro der Gemeinschaft nicht-anerkannter Staaten

Wo liegt Transnistrien eigentlich?

Transnistrien liegt östlich des Flusses Dnister an der Grenze zur Ukraine. Bei Google Maps ist der De-facto-Staat nur wie eine Moldawische Provinz eingezeichnet, da der Staat völkerrechtlich nicht anerkannt ist.

Mit einer Fläche von 3.567 Quadratkilometern ist Transnistrien immerhin etwas größer als das Saarland und Berlin zusammen.

Wie kommt man nach Transnistrien?

Von der Ukraine (Odessa, etwa 105 Kilometer) oder der Republik Moldau (Chișinău, etwa 70 Kilometer) fahren regelmäßig Busse nach Tiraspol, der Hauptstadt Transnistriens.

Mehr Hinweise zu einer Reise nach Transnistrien (inklusive der Abfahrtsorte der Busse in Odessa und Chișinău) gibt es hier.

Für die Einreise nach Transnistrien brauchen EU-Bürger kein Visum, an der Grenze wird lediglich eine Migrationskarte ausgestellt.

Schild mit den Jahreszahlen 1990 und 2018, Staatsemblem mit Hammer und Sichel
Willkommen in Tiraspol

Was sollte man bei einer Reise nach Transnistrien beachten?

Keiner kann Dir helfen

Da Transnistrien völkerrechtlich nicht anerkannt ist, gibt es dort auch keine deutsche Vertretung. Das Auswärtige Amt weist in seinen Reisehinweisen ausdrücklich darauf hin, dass die Botschaft in Chișinău „für Transnistrien keine konsularische Betreuung bereitstellen kann“. Sprich: Wenn man dort – unter welchen Umständen auch immer – verhaftet wird, kann einem niemand mehr helfen.

Dementsprechend vorsichtig war ich, nachdem ich von einem grummeligen Polizisten nach dem Überqueren eines Fahrsteifens auf einer schraffierten Verkehrsinsel auf der Hauptstraße in Tiraspol angehalten wurde.

Mein Russisch besteht aus ungefähr sieben bis zehn Worten. Das reichte nicht aus, um in Erfahrung zu bringen, was ihm nicht passte. Also fragte ich auf Englisch nach. Das sprach er offensichtlich nicht und blickte seine junge Kollegin erwartungsvoll an. Ihr Englisch war schätzungsweise doppelt so gut wie mein Russisch. Viel mehr, als dass ich hier die Straße an der Stelle nicht überqueren durfte, habe ich von ihr auch nicht erfahren.

Also folgte ich den Fingerzeigen und bin auf der schraffierten Sperrfläche brav die Straße etwa hundert Meter zurückgegangen, um dort an einem Zebrastreifen die Straße ordnungsgemäß zu überqueren. Innerlich grummelnd, aber bemüht, keine Flüche auszustoßen – die Warnung des Auswärtigen Amtes immer vor Augen.

Kleines Haus mit bröckelndem Putz in Tiraspol
Irgendwo in Tiraspol

Es fühlt sich sehr sowjetisch an

Die Uniformen der Polizisten, Panzer als Denkmäler und die etwas heruntergekommenen Gebäude – ohne je in der Sowjetunion gewesen zu sein, hatte ich in Tiraspol doch das Gefühl, in der Sowjetunion der 1980er Jahre zu sein.

Dazu kommt, dass der Service in meinem Hotel (s.u.) alles andere als zuvorkommend war. Ich wurde erstmal von einer unmotivierten und unfreundlichen Mitarbeiterin zum Geldumtauschen abkommandiert. Sicherheitshalber sollte man also Euro oder US-Dollar mitnehmen, um Bargeld umtauschen zu können. Kreditkartenzahlung sollte man nicht voraussetzen.

Altes Auto auf einem Hinterhof
Hinterhof-Atmosphäre

Und Straßen, die nach Karl Marx, Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Lenin benannt sind sowie echte Lenin-Büsten vor offiziellen Gebäuden – da spürt man schon, welcher Wind hier noch weht. Der Wind of Change ist es jedenfalls nicht.

Auch wenn die Kommunistische Partei nur in der Opposition ist, sind Hammer und Sichel auch weiterhin auf der offiziellen Staatsflagge Transnistriens.

Was gibt es in der Hauptstadt Tiraspol zu sehen?

Nach Tiraspol fährt man nicht wegen touristischer Highlights, sondern einfach, um ein bisschen durch die Straßen zu laufen und die Eindrücke einer vergangenen Zeit aufzusaugen.

Reiterstandbild in Tiraspol
Vorwärts immer, rückwärts nimmer

Es ist vielleicht bezeichnend, dass bei TripAdvisor die Reiterstatue des russischen Generals und Gründers der Stadt Alexander Suvorov als „Nr. 1 Aktivität in Tiraspol“ geführt wird.

Noch aus Sowjetzeiten stammt das Ehrenmal mit dem Panzer der Roten Armee aus dem Zweiten Weltkrieg. Gleich neben der St- Georgs-Kapelle befindet sich hier auch das Grab des Unbekannten Soldaten und Gedenktafeln für die Toten des „Befreiungskrieges“ von 1992. Irgendwie wirkt das Ganze sehr aus der Zeit gefallen – und passt daher sehr gut zu Tiraspol.

Panzer, im Hintergrund eine Kirche mit goldenem Zwiebelturm
Am Kriegsdenkmal

Das Stadttheater sieht zumindest von außen ganz hübsch aus, der Kinopalast (mit Dolby Digital-Sound) hingegen eher abschreckend. Genauso wie die Wohngebäude und das Spielkasino.

Klassische Sowjet-Architektur bietet auch das heutige Rathaus – stilecht mit Lenin-Büste vor dem Gebäude und Sowjetstern auf dem Dach. Das ist nicht Retro, das ist Vintage.

Großes weißes Gebäude mit Lenin-Statie und Sowjetstern
Das Rathaus von Tiraspol

Ein wenig Grün bietet der Pobeda-Park mit seinem repräsentativen Eingangstor. Wochentags kann man hier Schulklassen dabei zuschauen, wie sie von Sportlehrern mit Trillerpfeife durch die Gegend gescheucht werden. Und es gibt – was mein Herz natürlich hat aufgehen lassen – ein altes Riesenrad.

Unterkunft in Tiraspol

Sofia Hotel
Das Hotel wird offiziell mit drei Sternen geführt, Luxus sollte man hier allerdings nicht erwarten. Wohlfühlgefühle auch nicht. Aber für eine Nacht ist es völlig in Ordnung. 2018 war hier nur Barzahlung in Transnistrischen Rubel möglich, die ich in einer Wechselstube gegenüber eintauschen musste.
Karla Libknehta 395A, Tiraspol

Booking.com