Unterwegs mit dem 9-Euro-Ticket

Ich hatte ja irgendwann die Idee zum 9-Euro-Ticket-Roulette: Zuerst eine Bahnstrecke ab Hamburg auslosen, dann einen Haltepunkt auf der Strecke auslosen und dann einfach mal hinfahren und gucken, wie es da so ist. Der Reiz dabei: auch mal an Orte zu kommen, die ich sonst nie besucht hätte.

Dass andere Leute offenbar auch (und schon früher) auf diese Idee gekommen sind, trifft das Vertrauen in meine Einzigartigkeit zwar schwer, zeigt aber, dass die Idee als Auswahlprinzip für Reise- oder Ausflugsziele nicht so schlecht sein kann.

Blick auf alte Häuser am größten Platz der Stadt
Charme einer alten Hansestadt: „Am Sande“ in Lüneburg

Erster Sieger meines Roulettes: Lüneburg. Da war ich allerdings schon das eine oder andere Mal. Daher hatte ich nun einfach mal bei Google Maps geschaut, was es außer der schönen Altstadt noch zu besichtigen gibt und bin auf das Deutsche Salzmuseum gestoßen.

Und da ich im letzten Jahr bei meinen Wanderungen schon zufällig auf der alten Salzstraße zwischen Lüneburg und Lübeck unterwegs und vor zwei Jahren nahe Krakau in einer alten Salzmine war, wollte ich mehr über das „weiße Gold“ erfahren. Also bin ich hingefahren und habe mir das Museum mal angeschaut.

Was gibt es im Deutschen Salzmuseum zu sehen?

Der internationale Salzhandel

Kurz gesagt: Im Deutschen Salzmuseum erfährt man, nicht ganz unüberraschend, alles über Salz und die damit verbundene Geschichte Lüneburgs.

Ausstellungsstücke und an der Wand großer Bildschirm mit den Salzhandelsrouten
Salzhandelsrouten im Mittelalter

Kurz die historische Einordnung: Im Mittelalter war Salz als Konservierungsmittel stark nachgefragt. Und da in Lüneburg nicht weit unter der Oberfläche Salzvorkommen entdeckt wurden, wurde die Stadt sehr reich. Über Land und Schiffsfahrtswege (mit flachen Kähnen über die Ilmenau, die Elbe und den Strecksitz-Kanal – die Fahrt dauerte einen Monat) wurde das Salz nach Lübeck transportiert – und von dort aus in den gesamten Ostseeraum.

Produktion in der Saline

Ab 1600 machte Lüneburg dann die Konkurrenz aus dem Mittelmeerraum zu schaffen: Hier konnte Das Salz in Salinen günstiger produziert werden. Außerdem sank nach der Reformation die Nachfrage nach gesalzenen Heringen als Fastenspeise. Trotzdem wurde bis 1980 in Lüneburg in der Saline Salz produziert.

Modell der Saline Lüneburg aus Holz
Die Saline war mit einer „Stadtmauer“ gesichert

Die Saline, in der rund um die Uhr in 12-Stunden-Schichten gearbeitet wurde, musste zu ihren Hochzeiten mit einer eigenen Stadtmauer gesichert werden. Der Begriff vom „weißen Gold“ kam wohl nicht von ungefähr.

Das Salz wurde in Lüneburg anfangs noch mit Stollen unter Tage abgebaut, später setzte sich das Abpumpen der Solquellen durch: Salzhaltiges Wasser, die sogenannte Sole, wurde über Brunnen nach oben gefördert und dort musste das Salz erst noch durch das Sieden in Siedepfannen und Siedehäusern gewonnen werden.

Im Museum selbst gibt es Modelle der Siedehäuser und -pfannen. Beeindruckender ist aber der befeuerte Siedeofen neben dem Museum – hier riecht man dann das Feuer und kann sich vorstellen, unter welchen Bedingungen die Söder arbeiten mussten.

Um die Pumpen nicht per Hand bedienen zu müssen, wurde auf 1,4 Kilometer Länge ein Pumpgestänge von der Ratswassermühle bis zur Saline gebaut, das Tag und Nacht lief und durch sein Quietschen bei den Bewohnern der Stadt nicht sonderlich beliebt war.

Für wen lohnt sich das Deutsche Salzmuseum?

Das Deutsche Salzmuseum lohnt sich, wenn man eh gerade in Lüneburg ist und ein bisschen mehr zur Geschichte der Stadt oder eben über Salz und den Salzhandel erfahren möchte. Oder wenn man Lüneburg eigentlich schon kennt, aber einen guten Grund sucht, mal wieder hinzufahren.

Für Kinder ist der reine Museumsbesuch wahrscheinlich etwas öde. Aber das Museum bietet immer wieder mal Familienführungen an und hat Angebote für Kindergeburtstage, bei denen die Teilnehmenden auch selbst Salz sieden können.

Salzpackungen aus aller Welt in einer Glasvitrine
Salz aus aller Welt

Wieviel Zeit sollte man für die Besichtigung einplanen?

Ich war eine gute Stunde im Museum – das dürfte ausreichend sein, um alles Interessante zu sehen, wenn man nicht gerade jedes Schaubild und jedes Modell in aller Ausführlichkeit studieren möchte.

Außenaufnahme des Deutschen Salzmuseums in Lüneburg
Draußen vor dem Museum

Kleiner Abstecher: Das Absenkungsgebiet

Auf dem Weg vom Bahnhof zum Museum kommt man ganz automatisch auch durch die sehr hübsche Altstadt von Lüneburg mit ihren Fachwerkhäusern und Gebäuden im Backsteinstil der Hanse.

Ich hatte allerdings von einem „Tor zur Unterwelt“ gelesen und wollte wissen, was es damit auf sich hat. Indirekt hat es auch mit dem Salz zu tun – bzw. mit der besonderen Geologie Lüneburgs.

Was lange eine Vorteil der Stadt war, nämlich die reichen Salzvorkommen nahe der Erdoberfläche, hat auch seine Nachteile: Grundwasserströme laugen salzige Erdschichten in einigen Bereichen aus und darüber liegendes Gestein sackt ab. Eine Fläche von 1,8 Quadratkilometern wird daher regelmäßig messtechnisch von der Bauaufsicht beobachtet. An einigen Stellen – wie zum Beispiel an der Frommestraße – ist der Boden in den letzten Jahrzehnten um bis zu zwei Meter abgesackt.

Gesperrte Straße, die zum Teil sehr deutlich abgesackt ist
Senkungsschäden mitten in der Stadt

Hier musste die Straße komplett gesperrt und einige Häuser Anfang der 1930er und 2010er Jahre abgerissen werden. Ein Tordurchgang mit Ziegelsteinpfeilern ist ebenfalls seit seinem Bau 1898 um zwei Meter abgesackt und wird nun als das „Tor zur Unterwelt“ bezeichnet. Die beiden Torflügel aus Metall, die sich dabei übereinandergeschoben hatten, wurden von Metalldieben mitgenommen.

Durch Absenkungen des Bodens schiefe Toreinfahrt aus Backstein
Das „Tor zur Unterwelt“

Quick Facts
Deutsches Salzmuseum

Anreise nach Lüneburg

Das Deutsche Salzmuseum liegt am Rande der Altstadt von Lüneburg (Sülfmeisterstraße 1,
21335 Lüneburg). Vom Bahnhof ist man etwa zu Fuß etwa 15 bis 20 Minuten unterwegs.

Nach Lüneburg fahren Regionalzüge (*) ab Hamburg (knapp 40 Minuten), Hannover (meist mit Umsteigen in Uelzen, 1:45 Stunden) und Kiel (schneller mit Umsteigen in Hamburg oder direkt über u.a. Lübeck und Ratzeburg, 2:45 Stunden). Außerdem ist Lüneburg Haltepunkt für ein paar Schnellzüge auf der Strecke Hamburg – Hannover (sofern diese nicht gerade wegen Bauarbeiten umgeleitet werden).

Öffnungszeiten

Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Montag ist also Ruhetag.

Eintritt

Der Eintritt kostet für Erwachsene 8 Euro. Für Kinder und Jugendliche ist der Eintritt frei – mehr zu den Ticketoptionen gibt es auf der Website des Museums. Einen empfehlenswerten Audioguide gibt es für einen Euro Aufschlag. Fotografieren kostet ebenfalls einen Euro.

Impression eines Näherinnen-Arbeitsplatzes mit Stuhl und Kittel
Auch die Säcke für die Verpackung des Salzes wurden vor Ort genäht