Und was man sonst so in Poznań machen kann
Posen (polnisch: „Poznań„) ist eine der ältesten polnischen Städte und wurde zur Zeit des Herzogs Miezko I im 10. Jahrhundert gegründet. Sein Sohn Bolesław Chobry wurde dann der erste polnische König.
Zwischen 1793 und 1918 – mit einer kleinen Unterbrechung zur napoleonischen Zeit – gehörte Posen zu Preußen. Das sieht man nicht nur vielfach in der Architektur der Stadt, sondern ist auch Kennern der polnischen Sprache bekannt. Die Posener sprechen mit einem Dialekt, der andere Polen vor einige Verständnisschwierigkeiten stellt. Viele der Alltagsworte haben ihre Wurzeln im Deutschen und wurden quasi einpolonisiert.
In Posen liegen die Sehenswürdigkeiten der Stadt etwas verteilter als in anderen polnischen Städten – aber mit längeren Spaziergängen oder dem guten Straßenbahnnetz bekommt man das gut in den Griff.
Empfehlung für eine Stadtbesichtigung
Zwei bis drei Tage kann man gut in der Stadt verbringen – telefonisch (geht auf englisch) sollte man die Hörnchen-Zubereitungs-Vorführung buchen.
Stary Rynek
Auch der Posener Marktplatz ist hübsch und absolut sehenswert. Für Fotografen ist hier nur etwas nervig, dass der Platz mit von unzähligen Verkaufsbuden und den Tischen und Schirmen der Restaurants ziemlich zugestellt ist. Und morgens, wenn die Verkaufsstände noch geschlossen sind, stören die Lieferwagen das Bild – aber zum Gucken reicht es.
Wenn ich nun sage, dass dieser Marktplatz der drittgrößte Polens ist, werden aufmerksame Leser meines Blog schon so langsam eine Rangreihe im Kopf bilden und ihn hinter den Ryneks in Krakau und Breslau einsortieren.
Auf diesem rechteckigen Platz mit einer Seitenlänge von 140 Metern treffen insgesamt zwölf Straßen zusammen. Bebaut ist er außen mit – wieder aufgebauten – barocken Patrizierhäusern. In der Mitte finden sich zwei hässliche, neuere Flachbauten u.a. mit dem Militärmuseum (und einer kostenlosen, sauberen Toilette!). Und natürlich wäre da noch das Rathaus, das Mitte des 16. Jahrhunderts im Renaissance-Stil umgebaut wurde.
Meinen Geschmack trifft es dabei nicht. Es beinhaltet neben dem Stadtmuseum noch eine weitere Touristenattraktion: Jeden Tag um 12 Uhr öffnet sich unter der Rathausuhr eine kleine Tür ins zwei Ziegenbock-Figuren stoßen zwölfmal mit ihren Hörnern aneinander.
Lohnt sich das? Keine Ahnung. Ich war während meines Aufenthalts in Posen zu dem Zeitpunkt immer in irgendeiner anderen Ecke der Stadt unterwegs.
Sehr pittoresk sind auf jeden Fall die schmalen ehemaligen Fischverkäufer-Häuser neben dem Rathaus.
City Game
Was mir großartig gefallen hat: Es gibt in Posen City Games.
Das sind Rätsel, mit denen man Teile der Stadt spielerisch besser kennenlernt. Im Prinzip ist es eine Schnitzeljagd im Stile von Dan Bowns Romanfigur Robert Langdon.
Ich habe in der Touristeninformation am Marktplatz das Faltblatt (auf englisch) für das City Game „The Fellowship of Explorers“ bekommen, das man rund um die Kathedrale und das Museum Porta Posnania ICHOT spielt. In diesem Faltblatt stehen die Instruktionen für das Spiel, der Startpunkt und die Hinweise, wie die ersten Lösungsworte zu finden sind.
Zum Beispiel: „Gehe zurück zur Kirche aus dem 15. Jahrhundert. Laufe an der Kirche vorbei und betritt den großen Platz dahinter. Du stehst nun auf dem größten Platz des Posen des 10. Jahrhunderts. Gehe auf zwei Türme zu. Sie sind Teil der ersten bischöflichen Residenz in Polen. Finde die lateinische Inschrift am Haupteingang, der diesen historischen Fakt bestätigt: PRIMA SEDES EPISCOPORUM POLONIAE.
Aufgabe: Finde die Türklinken unter der Inschrift und benenne ihre Form„.
Und so bekommt man dann mit „Fisch“ das erste Lösungswort.
Aus mehreren Lösungsworten kann man dann die Anweisung zusammensetzen, wie man an das Hauptlösungswort kommt, das sich wiederum in einer Kirchenportalsinschrift finden lässt.
Wenn man dann noch eine letzte Aufgabe mit dem Hauptlösungswort löst, hat man einen Buchstabencode, den man eigentlich auf einer Website eingeben sollte, um sich der „Fellowship der Explorer“ anzuschließen und sich eine Urkunde auszudrucken – aber auf der Website gibt es diese Eingabemöglichkeit nicht (mehr).
Oder ich war zu blöd, die wirklich allerletzte Aufgabe zu lösen…
Dieses City Game ist ein großer Spaß, den es in mehr Städten geben sollte.
Kryptologen-Dekmal & Enigma-Ausstellung
Vor dem Kaiserlichen Residenzschloss (siehe weiter unten) ist den drei polnischen Kryptologen Marian Rejewski, Jerzy Różycki und Henryk Zygalski ein Denkmal gewidmet. Die drei hatten Ende der 20er Jahre in Posen Mathematik studiert und an der Universität auch an einem vom polnischen Geheimdienst veranstalteten Kryptologie-Kurs teilgenommen.
Sie fanden an dem Thema offensichtlich Gefallen und entschlüsselten Anfang der 30er Jahre im Dienste des polnischen Geheimdienstes erstmals Funksprüche der Wehrmacht, die mit der (später noch deutlich verbesserten) Dechiffriermaschine Enigma erstellt wurden.
Ihre Erkenntnisse – u.a. über die Verdrahtungen der Enigma oder ihre eigenen Dechiffriermaschinen – teilten sie noch kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs mit englischen und französischen Militärs bei einem Geheimtreffen und er Nähe von Warschau. Diese Arbeit war mitentscheidend für den Erfolg der britischen Codebreaker in Bletchley Park im weiteren Verlauf des Krieges.
Die Geschichte der polnischen Kryptologen – und einen kurzen geschichtlichen Abriss der Kryptologie allgemein – zeigt auch eine kleine Ausstellung in einem Container neben dem Denkmal.
Kryptologie-Kurs I Kryptologie-Kurs II
Und das Beste ist: Hier lernt man selbst an Bildschirmen, einfache Codes zu knacken oder Botschaften zu verschlüsseln.
In diesem Sinne:
ASXPG FUGSX TYUPG AAFON NGRWP R!
Hörnchen-Museum
Das Posener Martinshörnchen (polnisch: „Rogal świętomarciński“) ist eine Spezialität, die insbesondere zum St. Martinsfest in großen Mengen produziert und verkauft wird. Es gehört zu den polnischen Produkten mit von der EU geschützter Herkunftsbezeichnung.
Das Hörnchen ist aus Plunderteig und insgesamt 81 dünne übereinander liegenden, durch Margarine getrennten, Schichten. Gefüllt wird es mit Weißmohn, Vanille, zerkleinerten Datteln oder Feigen, Rosinen und Sahne. Zum Schluss kommt noch eine dicke Zuckerschicht und gemahlene Nüsse drauf.
Ein Hörnchen kommt so auf 1.200 Kilokalorien.
Im Hörnchen-Museum (Rogalowe Muzeum Poznania) kann man nach Voranmeldung an einer unterhaltsame 1-stündigen „Croissant-Show“: Dabei erfährt man ein bisschen über die Besonderheiten des Posener Dialekts, zur Geschichte der Posener Hörnchen und vor allem wie man sie herstellt.
Im Juli & August sind die Shows täglich um 14 Uhr auf englisch, ansonsten samstags und sonntags.
Mehr Informationen gibt es auf der Museums-Website.
Kaiserliches Residenzschloss
Vom deutschen Kaiser Wilhelm II. ist wohl kaum jemand ein Fan. Dass der Mann auch noch keinen Geschmack hatte, steht für mich spätestens seit dem Anblick des Kaiserlichen Residenzschlosses in Posen fest, das er ab 1905 aus Backstein und schlesischem Sandstein im neuromanischen Stil bauen ließ.
So richtig viel hatte Wilhelm II. nach der Fertigstellung 1913 wohl nicht mehr vom Schloss und seiner Privatkapelle im Westturm. Innen wurde das Schloss während der deutschen Besetzung Polens ab 1940 zur „Führerresidenz“ umgebaut. Heute wird das Gebäude als Kulturzentrum genutzt.
Möglich wurde der Bau des Schlosses und vieler weiterer repräsentativer Gebäude (Postgebäude, Opernhaus, Königliche Akademie) in der näheren Umgebung zu dieser Zeit übrigens nur, da die preußischen Befestigungsanlagen hier abgerissen wurden.
Jugendstil-Spaziergang
Ein Ausflug (mit der Straßenbahn) in den westlich des Schlosses gelegenen Stadtteils Jeżyce lohnt sich, wenn man sich für Jugendstil-Häuser begeistern kann. Davon stehen hier viele – in unterschiedlichen Zuständen der Renovierung.
Jugendstil I Jugendstil II Jugendstil III
Stary Browar
Das Stary Browar (dt.: „Alte Brauerei“) hat irgendwann mal den Titel „bestes Einkaufszentrum Europas“ bekommen. Der Name verrät auch hier schon alles: Dieses Einkaufszentrum wurde in die Mauern der 1844 gegründeten Hugger-Brauerei gesetzt.
Neben den üblichen Geschäften findet man hier auch ein Kino und verschiedene Kunstausstellungen.
Was mir an den Einkaufszentren in Posen (gut, ich war nur kurz im Stary Browar und im Einkaufszentrum am Hauptbahnhof) besonders gut gefallen hat, waren die kleine Lounges, in denen man sich vom Shopping-Stress mit freiem WLAN erholen kann.
Naherholungsgebiete
Wenn man nach den ganzen Besichtigungen mal ein bisschen Ruhe braucht, kann ich zwei Naherholungsgebiete empfehlen.
Zum einen ist dies der, nördlich der Altstadt gelegene, Park Cytadella. Wie der Name schon verrät, waren auch hier mal Befestigungsanlagen, deren Ruinen man zum Teil noch erkennen kann. Ansonsten ist es ein mitten in der Stadt gelegener großer Park, u.a. mit Spielplätzen und Outdoor-Fitnessgeräten.
Und dann wäre da noch der Maltasee, an dessen Ufer man im Winter an einem Hang wohl auch Ski fahren kann. Im Sommer kann man hier mit einer Schmalspurbahn bis zum Zoo fahren oder einfach ein bisschen auf den See schauen.
Restaurants & Cafés in Posen
La Ruina & Raj
Das vielleicht coolste Restaurant in ganz Polen. Ein wilder Mix bei der Inneneinrichtung, bester Hipster-Style. Essen ein asiatisch-lateinamerikanischer Mix. Sehr guter Kaffee, Wasser immer gratis (nimm das, Til Schweiger!). Absolute Empfehlung!
Święty Marcin 34, Posen
Na Mieście-Restaurant
Sehr leckeres, gesundes Essen. Irgendwie mit der polnischen TV-Köchin Magda Gessler verbandelt.
Święty Marcin 43, Posen
Kuchnia & Mech
Gutes Restaurant nahe des Rynek zum Frühstücken.
Dominikańska 7, Posen
Pora Dnia
Sympathisches Café im Stadtteil Wilda.
Ul. Różana 15/1, Posen
Unterkunft in Posen
Hotel Topaz Poznań Centrum (*)
Flacher, an Motels erinnernder, Hotelbau mit einfachen Zimmern, Lage nah am Hauptbahnhof, aber etwas weg von der Altstadt
Przemyslowa 34A, Posen